© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/14 / 20. Juni 2014

Zerstörte Träume über das Internet: Manipulation allgegenwärtig
Ende eines „Freiheitsmediums“
(gt)

Angesichts des Verrufs, in den das „Freiheitsmedium“ Internet durch den NSA-Skandal geraten ist, kann sich der Publizist Rudolph Walther einen zeithistorischen Rückblick auf die naiven Lobgesänge nicht verkneifen, mit denen das nahe „Paradies der ‘virtual reality’“ vor 25 Jahren vom „LSD-Prediger“ Timothy Leary begrüßt wurde (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 5/2014). Nur der „blinde, technikbegeisterte Infantilismus“, den Politiker, Manager und „Troubadoure des freien Marktes“ zelebrieren, habe die auch jenseits geheimdienstlicher Aktivitäten eher „dunkle Seite“ des Netzes lange verborgen. Nun enthülle eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung über „Verdeckte PR in Wikipedia“ jedoch, daß in dieser „freien“ Enzyklopädie nicht nur die politische Korrektheit herrsche, sondern auch sonst die „Manipulation allgegenwärtig“ sei. Werbeabteilungen großer Konzerne manipulieren viele Artikel im Schutz des anonymen Zugangs. Wikipedia verspiele damit gänzlich seinen Ruf als Informationsquelle. Und Techno-Propheten fänden auch im übrigen Netz-„Paradies“ immer weniger Stoff für Utopien. Denn nicht erst in den „Fällen“ Christian Wulff und Sebastian Edathy habe sich das Internet als „Reservoir für pöbelhaft-widerliche Angriffe im Schutz der Anonymität“ erwiesen, als ein Instrument schrankenloser Skandalisierung, das nur der Schlaf der Vernunft ermöglichen konnte.

www.frankfurter-hefte.de

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