© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/14 / 13. Juni 2014

Umwelt
Konfliktfrei telefonieren?
Heiko Urbanzyk

Fragen Sie Ihren Gutmenschen, der Sie mal wieder moralisch belehrt, wie moralisch denn sein Smartphone produziert wurde? Kinderarbeit, sklavenhalterische Arbeitsbedingungen, Umweltzerstörung und die chinesische kapitalisto-kommunistische Diktatur bilden dessen Produktionsgrundlage. Der Gutmensch wird daher anstatt eines Smartphones ein Fairphone aus der Tasche ziehen.

Die Ansprüche des Projekts scheitern kurz vor der Neuauflage des Fairphone an der Realität.

Fairphone? Eine Gruppe Niederländer um den Industriedesigner Bas van Abel wollte der Welt beweisen, daß moderne Technik auch ohne Ausbeutung der Menschen in China oder der Dritten Welt funktioniert. Produziert wird trotzdem in China, Rohstoffe kommen aus dem Kongo. Die 30 Mineralien, die in so einem Telefon stecken, sollten aus kongolesischen Minen stammen, die nicht von Warlords kontrolliert werden und Bürgerkriege finanzieren, also „konfliktfrei“ sind. Kinderarbeit sollte vermieden, gute Löhne gezahlt werden.

25.000 Käufer belohnten 2013 den ideellen Ansatz mit einem Kauf. Doch die Ansprüche des sinnvollen Projektes scheitern kurz vor der Neuauflage des Fairphone 2014 an der Realität. Dem alternativen Wirtschaftsmagazin Enorm (2/14) gesteht van Abel: „Für ein wirklich faires Gerät müßte man die ganze Welt ändern. Fairneß ist ein abstrakter Begriff. Selbst der Faire Handel ist nicht hundertprozentig fair.“ Immerhin 26 der 30 Metalle im Telefon würden „konfliktfrei“ gewonnen. Am Rest sei man dran. Er räumte dennoch ein: „Es gibt Kinderarbeit in den Minen, wenig Arbeitsschutz, niedrige Löhne.“ Die Arbeiter von Apple würden in China beim Zusammenbau des I-Phone wohl doppelt soviel verdienen wie die Schrauber des Fairphones. Man habe nicht gewußt, daß Mindestlöhne in China nicht gleich „existenzsichernde Löhne“ sind. Als Verbrauchertäuscher sieht van Abel sich nicht, eher als Pionier. Was sagt Ihr Gutmensch dazu?

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