© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/14 / 06. Juni 2014

Kritik des naiven Kosmopolitismus: Verwurzelte Weltbürger
Lebenswelten um den Geburtsort
(wm)

Staaten und Kulturen sind heute in historisch nie gekannter Weise miteinander verflochten. Eine Weltgesellschaft als politisch koordinierte Einheit existiert aber ebensowenig wie ein gemeinsames globales Bewußtsein. Ungeachtet der Globalisierung, so stellt der Ethnologe Christoph Antweiler (Bonn) klar, lebe die überwältigende Mehrheit der „Weltbürger“ im Wartestand nahe an ihrem Geburtsort. Und das sei nach den Befunden von Psychologen auch gut so. Denn für die individuelle Psyche wie für das Wir-Bewußtsein sind Grenzen wichtig, um Identität und seelische Stabilität auszubilden. Auch in Zeiten, in denen Migration offenbar der Normalzustand sei, stecke im Begriff „Heimat mehr als patriotische Volkstümelei“. Trotzdem glaubt Antweiler, nicht primär vor dem Universalismus der „Gleichmacherei“ warnen zu müssen, sondern davor, daß ein naiver Kosmopolitismus, der einen weltweiten Konsens über faktisch „westliche Werte“ erzwingen will, den angeblich ohnehin schon allgegenwärtigen Trend, Ethnien und Kulturen gegeneinander abzugrenzen, noch verstärke (Welt-Sichten, 5/2014). Zur Friedenssicherung und als Instrument „internationaler Migrationsregime“ müsse der „neue Kosmopolitismus“ des Westens daher selbst über die Menschenrechte mit anderen Wertegemeinschaften „verhandeln“, um seine Werte zumindest kulturell modifiziert durchzusetzen.

www.welt-sichten.org

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