© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/14 / 06. Juni 2014

Angreifende Verteidigung
Literarische Parodien auf Richard Wagner
Sebastian Hennig

Anläßlich der ersten Aufführung des „Ring des Nibelungen“ in Berlin, die in Anwesenheit von Richard Wagner im Mai 1881 erfolgte, erschien dort Alexander Moszkowskis humoristisches Buch „Schultze und Müller im Ring des Nibelungen“. 1911 aktualisierte er seine Satire-Sammlung mit Bezügen auf das Bayreuth Siegfried Wagners. Ein Reprint dokumentiert jetzt beide Fassungen.

Moszkowski, 1851 nördlich von Krakau geboren, entstammte einer wohlhabenden jüdischen Familie. Er arbeitete für die Satirezeitung Berliner Wespen, gründete später erfolgreich seine eigene Zeitschrift Lustige Blätter. Sein Bruder Moritz komponierte 1910/11 zwei heute noch sehr geschätzte Wagner-Paraphrasen für Piano zum „Tristan“ und dem „Tannhäuser“-Bacchanal.

Wertschätzung für das Werk

Die Moszkowskischen Humoresken sind ätzend vor allem dort, wo er die kenntnislose Verhimmelung Wagners durch das Pfahlbürgertum geißelt. Vor dem Werk selbst hat er sich seine Wertschätzung immer bewahrt und verteidigt es gegen dessen Verächter. So wird seine Satire zu einer angreifenden Verteidigung des reinen Kunstwerkes gegen seine realexistierende Bühnengegenwart und gegen eine oberflächliche Popularität, wie sie Wagner selbst gefürchtet und verachtet hat. Wie durch ein umgekehrtes Fernglas blickt Moszkowski von den Bühnengöttern zurück durch die Optik des Kulturbürgers direkt in den begrenzten Kosmos seiner Vorstellungskraft.

So pafft Fafner eine Pfeife, und Erda ist eine Dame ohne Unterleib. Was hier Wunderbares geschieht, ist letztlich ganz einfach zu erklären: „Im Kampfe wird das Schwert zerhaun, Das Kreischen ziemt den Wasserfraun.“ Die Scherze des Humoristen reagieren auf die immense Beliebtheit zumindest der Schlager aus Wagners Hauptwerk, die dem damaligen Publikum von Militärkapellen und Kurhausorchestern laufend und zumeist recht derb um die Ohren gehauen wurden. Heute dagegen sind die Wagnerschen Intentionen durch diese Persiflage fast deutlicher zu erblicken als durch manche gegenwärtige Inszenierung.

Alexander Moszkowski: Schultze und Müller im Ring des Nibelungen – Satiren über Richard Wagner 1881/1911. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2013, geb., 240 Seiten, Abb., 24,80 Euro

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