© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/14 / 06. Juni 2014

Aus der Tiefe des Raumes
Kommunalwahlen: In Städten und Gemeinden spiegelt sich die Veränderung im Parteiengefüge
Christian Schreiber

Bei den Kommunalwahlen, die am 25. Mai parallel zu der Europawahl in acht Bundesländern stattfanden, hat sich die Alternative für Deutschland in zahlreichen Kreisen und Gemeinden etablieren können, wobei ihre Resultate vielerorts hinter den Ergebnissen der EU-Wahl zurückblieben: „Dies zeigt, daß die Wähler uns eine besondere europapolitische Kompetenz zugebilligt haben. Wir sind eine junge Partei und da ist es völlig normal, daß wir noch nicht überall Antworten auf alle Fragen vor Ort geben konnten“, erklärte die AfD-Sprecherin Frauke Petry.

Mit ihrem Landesverband setzte die sächsische Vorsitzende ein weiteres Ausrufezeichen: Überall dort, wo die AfD im Freistaat angetreten war, konnte sie auch in die Räte einziehen. In den bevölkerungsreichen Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz erreichte sie aus dem Stand Ergebnisse zwischen 5,5 und 7 Prozent und erlangte somit Fraktionsstatus. Insgesamt konnte die AfD im Freistaat 92 kommunale Mandate erzielen und sieht sich auf einem guten Weg für die Landtagswahl am 31. August.

Pro NRW verfehlt Ziel

Gleiches gilt auch für Brandenburg, wo die Euro-Kritiker unter Führung von Alexander Gauland 39 Mandate gewinnen konnten. Besonders erfolgreich war die AfD in der Grenzregion – bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt an der Oder kam sie auf 11,6 Prozent, erzielte darüber hinaus in den größeren Städten wie Cottbus, Potsdam oder Brandenburg an der Havel gute Ergebnisse: „Wir sind sehr zufrieden und haben eine gute Ausgangsbasis für die Wahlen im Herbst“, sagte Gauland.

Davon können seine Parteifreunde in Thüringen nur träumen. Dort finden im September gleichzeitig mit Brandenburg die Landtagswahlen statt. Doch der thüringische AfD-Verband gilt als zerstritten und schwach strukturiert, ein flächendeckender kommunaler Antritt war daher nicht möglich. Immerhin gelang der Einzug in den Rat der Landeshauptstadt Erfurt. Ordentliche Ergebnisse erzielte die Partei dagegen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo sie jeweils rund 20 Mandate gewinnen konnte und in mehreren größeren Städten in die Räte einzog.

Fast durchweg positive Ergebnisse gab es für die Partei um Bernd Lucke in den Ländern der alten Bundesrepublik. In der Hochburg Baden-Württemberg erzielte die AfD einige spektakuläre Ergebnisse, kam beispielsweise in Mannheim auf mehr als acht Prozent und zog auch in die Gemeinderäte von Stuttgart und Karlsruhe ein. Ähnliches gelang ihr in Rheinland-Pfalz, dem Saarland oder auch bei den Bezirksratswahlen in Hamburg fast überall, wo sie angetreten war. Im Saarland trat die AfD flächendeckend zu den Kreistagswahlen an und erreichte mehr als fünf Prozent der Stimmen. Mit Spannung erwartet wurde ihr Abschneiden im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo sie in Konkurrenz zur Bürgerbewegung Pro NRW antrat. Auch dort landete die AfD einen klaren Punktsieg, errang mehr als 100 Sitze und zog vor allem im Ruhrgebiet in viele Stadträte ein.

Eine herbe Niederlage gab es dagegen für Pro NRW. Die Islamkritiker kamen nur auf rund 60 Mandate und verfehlten damit das von Parteichef Markus Beisicht ausgegebene Ziel von 150 bis 200 kommunalen Sitzen. Besonders bitter war das Abschneiden in Köln, wo Pro Köln mit 2,5 Prozent nicht nur von der AfD geschlagen wurde, sondern auch noch den Fraktionsstatus verlor. Durchwachsen verliefen die Abstimmungen aus Sicht der NPD. Die Partei, die bei der Landtagswahl in Sachsen ums politische Überleben kämpft, verlor im Freistaat deutlich, erzielte aber gute Ergebnisse in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Im Westen spielt die älteste deutsche Rechtspartei dagegen keine Rolle und kam über wenige gute Einzelergebnisse nicht hinaus.

Selbst davon können die rechtskonservativen Republikaner nur noch träumen. Der langjährige Bundesvorsitzende Rolf Schlierer verlor am Ende auch noch sein Mandat im Stuttgarter Gemeinderat und kündigte an, sich aus der Politik zurückzuziehen. „Durch die Etablierung der AfD ist der von der Partei eingeschlagene Kurs zum Scheitern verurteilt“, räumte Schlierer ein.

Der FDP brechen nicht nur die Hochburgen weg

Der 59 Jahre alte Jurist hatte über Jahre versucht, die Republikaner in Abgrenzung zur NPD als demokratische Rechtspartei zu positionieren. Durch das Erstarken der AfD scheint nun endgültig kein Platz mehr im deutschen Parteiengefüge. Die Republikaner verloren am 25. Mai viele kommunale Mandate und sind, wenn überhaupt, nur noch mit Einzelkämpfern in wenigen Gremien vertreten.

Während die Kommunalwahlen für die im Bundestag vertretenen Parteien durchweg unspektakulär verliefen, erlitt die seit dem vergangenen September außerparlamentarische FDP eine weitere Schlappe. Die Liberalen verloren rund 60 Prozent ihrer kommunalen Sitze und brachen nicht nur in den Hochburgen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz regelrecht ein. In Sachsen, wo die FDP Ende August nicht nur ihre letzte Regierungsbeteiligung verteidigen, sondern sogar um den Wiedereinzug bangen muß, war der Absturz besonders dramatisch. Viele ehemaliger Wähler liefen dort zur AfD über.

Foto: Rathäuser als Machtbasis in den Kommunen: Im Schatten der Europawahl

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