© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/14 / 30. Mai 2014

Überwiegend skeptisch
Europawahl: Etwa jeder fünfte Abgeordnete in Brüssel ist eurokritisch eingestellt. Ein Überblick über die Parteien und ihre Ergebnisse
Henning Hoffgaard

Nigel Farage hat gut lachen. Mit einem vollen Bierglas in der Hand und einem typischen britischen Pub als Kulisse grinst er verschmitzt in die Kameras. Der Chef der britischen Unabhängigkeitspartei (Ukip) hat allen Grund zur Freude. Zum ersten Mal ist es ihm gelungen, mit rund 29,5 Prozent in einer landesweiten Wahl den ersten Platz zu erobern. Etwas ähnliches hat es auf der Insel seit 100 Jahren nicht gegeben.

„Ich will nicht nur, daß Großbritannien die Europäische Union verläßt. Ich will, daß Europa die Europäische Union verläßt“, kommentierte Farage das Ergebnis. Sein Sieg steht stellvertretend für den Erfolg EU-kritischer Parteien bei der Europawahl. In Frankreich setzte sich Marine Le Pen mit dem Front National gegen Sozialisten und Konservative durch. Die erhielten 14 beziehungsweise 20 Prozent. Le Pen konnte am Ende knapp 25 Prozent der Wähler hinter sich vereinen. Da sprach selbst Ministerpräsident Manuel Valls von einem „Erdbeben“. Le Pen forderte daraufhin eine Neuwahl der Nationalversammlung.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Dänemark. Die rechte Dänische Volkspartei erreichte knapp 23 Prozent und ließ damit alle anderen Parteien hinter sich. Bei den Sozialdemokraten unter Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt herrschte am Sonntag nur noch Ratlosigkeit.

Deutlich zulegen konnte auch die österreichische FPÖ. Sie steigerte ihre Stimmen um acht Punkte auf 20,5 Prozent, blieb jedoch hinter Christdemokraten und der SPÖ. Die Partei hielt damit ihr Ergebnis der Nationalratswahl 2013. Das BZÖ trat mit 0,5 Prozent (minus 4,5) den Weg in die Bedeutungslosigkeit an. Die Wahren Finnen übten sich angesichts von 12,9 Prozent (plus 3,1) in Bescheidenheit. „Man kann nicht bei jeder Wahl mit einem Weltrekord-Ergebnis gewinnen“, sagte Parteichef Timo Soini. Umfragen hatten zuvor bis zu 20 Prozent in Aussicht gestellt.

Mit zwei Sitzen im neuen EU-Parlament können die Schwedendemokraten rechnen. Sie erhielten 9,7 Prozent der Stimmen, 6,5 Prozentpunkte mehr als noch 2009. Keine großen Veränderungen verzeichneten die Statistiker für Ungarn. Sowohl die konservative Regierungspartei Fidesz (52 Prozent) wie auch die rechtsextreme Jobbik (14,6 Prozent) konnten ihr Ergebnis von 2009 mit minimalen Verlusten halten und stellen zusammen 14 der 21 ungarischen EU-Abgeordneten. In Athen führte die EU-Wahl vor allem zu einem Erstarken der linksextremen Syriza. Sie erhielt nach ersten Auszählungen knapp 26 Prozent. Satte 21 Prozent mehr als noch 2009. Ihr rechtes Pendant, die Goldene Morgenröte, legte ebenfalls stark zu und konnte zehn Prozent auf sich vereinigen.

Der EU-Kritiker Beppe Grillo und seine Fünf-Sterne-Bewegung feierten in Italien mit 21 Prozent einen Achtungserfolg. Die Lega Nord legte um einen Punkt auf sechs Prozent zu und wird damit weiter vier Abgeordnete nach Brüssel entsenden. Die konservative Oppositionspartei Forza Italia (FI) von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi landete mit 17 Prozent auf Platz drei. Alles in allem werden EU-kritische Parteien im nächsten Europaparlament etwa 150 der 751 Abgeordneten stellen, die sich wie bisher in unterschiedlichen Fraktionen versammeln werden beziehungsweise fraktionslos bleiben.

 

Wahlergebnisse

Niederlande

Partei für die Freiheit (PVV)

2014: 13,4 % 4 Sitze

2009: 17 % 4 Sitze

 

Großbritannien

UKIP – UK Independence Party

2014: 29,5 % 23 Sitze

2009: 16,1 % 13 Sitze

 

Belgien

Vlaams Belang (VB)

2014: 4,2 % 1 Sitz

2009: 9,9 % 2 Sitze

 

Frankreich

Front National

2014: 25 % 24 Sitze

2009: 6,3 % 6 Sitze

 

Portugal

Die Partei der Erde

2014: 7,2 % 2 Sitze

2009:  – –

 

Österreich

FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)

2014: 19,5 % 4 Sitze

2009: 12,7 % 2 Sitze

 

Italien

Lega Nord

2014: 6,2 % 5 Sitze

2009: 10,2 % 9 Sitze

 

Griechenland

ANEL Unabhängige Griechen

2014: 3,4 % 1 Sitz

2009: 1,3 % –

 

Kroatien

Allianz für Kroatien (HDSSB, HSP u.a.)

2014: 7 % 1 Sitz

2009: 7 % 1 Sitz

 

Ungarn

Fidesz

2014: 51,5 % 12 Sitze

2009: 56,4 % 14 Sitze

 

Slowakei

Freiheit und Solidarität

2014: 6,7 % 1 Sitz

2009: 4,7 % –

 

Tschechien

Svobodní (Partei der freien Bürger)

2014: 5,2 % 1 Sitz

2009: – –

 

Polen

KNP (Kongreß der neuen Rechten)

2014: 7 % 4 Sitze

2009: – –

 

Litauen

Ordnung und Gerechtigkeit

2014: 14,3 % 2 Sitze

2009: 12,2 % 2 Sitze

 

Lettland

Vereinigung für Vaterland und Freiheit

2014: 14 % 1 Sitz

2009: 7,5 % 1 Sitz

 

Dänemark

Dänische Volkspartei

2014: 26,6 % 4 Sitze

2009: 14,8 % 2 Sitze

 

Schweden

Schwedendemokraten

2014: 9,7 % 2 Sitze

2009: 3,3 % –

 

Finnland

·Die wahren Finnen

2014: 12,9 % 2 Sitze

2009: 9,8 % 1 Sitz

*vorläufiges Ergebnis bei Redaktionsschluß

 

Sitzverteilung im Europaparlament

Fraktionen (laut Hochrechnung vom 26. Mai 2014)

EVP – Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) 211

CDU/CSU 29 Sitze

 

S&D – Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament 193

SPD 27 Sitze

 

ALDE – Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa 74

FDP 3 Sitze

 

Grüne/EFA – Die Grünen/Europäische Freie Allianz 58

Grüne 11 Sitze

 

GUE-NGL – Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke 47 47

Linke 7 Sitze

 

ECR – Europäische Konservative und Reformisten 39

 

EFD – Europa der Freiheit und der Demokratie 33

 

Fraktionslose 40

 

Sonstige 56

AfD 7 Sitze

Freie Wähler 1 Sitz

Die Partei 1 Sitz

ÖDP 1 Sitz

Piraten 1 Sitz

Familienpartei 1 Sitz

Tierschutzpartei 1 Sitz

NPD 1 Sitz

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen