© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Zeitschriftenkritik: G/Geschichte
Aufbruch in die Neue Welt
Werner Olles

Es war vor allem der Wunsch, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, aber auch die Flucht vor Hunger und Verfolgung, die seit dem 17. Jahrhundert unzählige Deutsche motivierten, ihre angestammte Heimat zu verlassen und den ungewissen Schritt in die „Neue Welt“ zu wagen. Das war nicht nur mit vielen Risiken verbunden und erforderte großen Mut, sondern auch die Bereitschaft, sich nach vielen gesundheitlichen Tests, Aussonderungen und Befragungen mit harter Arbeit und kargen Löhnen durchzuschlagen. Strengste Auflagen, lange Wartezeiten und Einwanderungsquoten für die Auserwählten taten ein Übriges. Wer nicht bereit war, diese Prozeduren, zu denen oft sogar die Trennung von der Familie gehörte, auf sich zu nehmen, wurde in Arrest genommen oder zurückgeschickt. Finanzielle und soziale Wohltaten, die hierzulande über Fremde ausgeschüttet werden, waren für die Deutschen, die in die USA einwanderten, undenkbar. Eine Gesellschaft von Pionieren, die mit ihrer eigenen Hände Arbeit für sich selbst gesorgt hatten, hätte für derlei Absurditäten auch kein Verständnis gehabt. An dieser vernünftigen Einstellung hat sich bis heute in Amerika nichts geändert.

Die monatlich erscheinende Zeitschrift G/Geschichte (Untertitel: Menschen – Ereignisse – Epochen) beschäftigt sich in der Titelgeschichte ihrer aktuellen Ausgabe (5/2014) mit den deutschen Auswanderern, die trotz des Abschiedsschmerzes der Verheißung eines Landes, das unbegrenzte Möglichkeiten versprach, folgten. Unter ihnen waren Pietisten, Mennoniten und andere religiöse Gruppen, die ohne fürstliche Restriktionen ihren Glauben leben wollten, Männer der deutschen Märzrevolution wie Carl Schurz, die als politische Flüchtlinge Aufnahme fanden, und zahllose einfache Arbeiter und Handwerker, die hofften, jenseits des Atlantiks ein besseres Leben zu finden. Ihnen allen wurde nichts geschenkt, für viele begann das neue Leben in den Elendsquartieren der überfüllten Großstädte oder in unbesiedelten Landstrichen, die mit einfachsten Mitteln erst mühsam urbar gemacht werden mußten, und wo zudem jederzeit mit Überfällen feindlicher Ureinwohner zu rechnen war. Doch die meisten bereuten den Aufbruch ins Land der Hoffnung nicht und konnten ihren Traum von Amerika wahrmachen. Sie bauten Kirchen, Schulen und Krankenhäuser, gründeten Städte und Gemeinden und prägten so ihre neue Heimat.

Ein weiterer Beitrag ist Helmut Schmidt gewidmet, der vor vierzig Jahren Bundeskanzler wurde und heute als lebendes Denkmal gilt. Tatsächlich war jedoch seine Regierungsbilanz durchwachsen. Einerseits häufte er immense Schuldenberge an, andererseits hatte er den Schneid, gegen den Willen seiner eigenen Partei, die bereits damals in weiten Teilen von geopolitisch unerfahrenen Träumern beherrscht wurde, den Nato-Doppelbeschluß durchzusetzen. Dieser trug schließlich nicht unerheblich zum Zerfall der Sowjetunion und des kommunistischen Ostblocks bei.

Kontakt: Bayard Media GmbH, Böheimstr. 8, 86153 Augsburg. Telefon: 0821 / 45 54 81-42. Einzelheft 5,20 Euro, Jahresabo 58,80 Euro. www.g-geschichte.de

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