© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Preiswert mit Problemen
Fernbuslinien: Trotz steigender Nutzerzahlen kommen auf die Branche viele Probleme zu. Preiserhöhungen sind nur noch eine Frage der Zeit
Henning Hoffgaard

Die Stimmung bei der Deutschen Bahn dürfte alles andere als rosig sein. Immer mehr Fernreisende kehren den teurer werdenden Langstreckenzügen den Rücken. Das hat vor allem einen Grund: Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hat sich der Fernbusverkehr in Deutschland etabliert. Knapp 40 Millionen Euro gingen der Bahn im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben durch die junge Konkurrenz verloren. Tendenz steigend. Laut einer Umfrage haben mittlerweile 12 Prozent der Deutschen statt dem Zug schon mindestens einmal Fernbusse genutzt. Anfang 2013 waren es lediglich fünf Prozent.

Allein im zweiten Halbjahr 2013 nahm die Zahl der wöchentlichen Fahrten auf den bisher genehmigten 247 Linien um 250 Prozent auf mehr als 5.500 zu. Neun Millionen Reisende nutzten die Fernbuslinien. Und das, obwohl es diesen Markt erst seit dem 1. Januar 2013 gibt.

Zuvor wurden Fernbuslinien nur dann erlaubt, wenn die Deutsche Bahn keine Umsatzeinbußen befürchten mußte. Da dies aber praktisch auf allen Strecken der Fall gewesen wäre, schützte der Staat das Monopol der Bahn lange weiter.

Im Vergleich zur Bahn mit ihren 130 Millionen Kunden sind die neun Millionen Fernbusnutzer noch vergleichsweise wenig. Allerdings sollte vor allem eine Statistik den Managern der Deutschen Bahn zu denken geben: 44 Prozent aller Fernbus-Fahrgäste wechselten vom Zug auf den Bus. Besonders für Jugendliche ist der neue Dienst sehr attraktiv. Berlin – Hamburg per Bus für acht Euro (bei längerfristiger Buchung). Damit kann die Bahn nicht mithalten.

Fast alle Städte sind ans Fernbusnetz angeschlossen

Ein Kilometer mit der Deutschen Bahn kostet im Durchschnitt 14,4 Cent. Bei den Fernbussen sind es gerade einmal 5,7 Cent je Kilometer. 79 Prozent aller Tickets werden online gekauft.

Die beliebtesten Linien sind neben Berlin – Hamburg vor allem Berlin – Dresden, Berlin – Leipzig, Stuttgart – Karlsruhe, München – Nürnberg und Berlin – Hannover. Die Bahn reagierte schnell und versuchte mit einem eigenen Busdienst zumindest ein paar Reisende im Unternehmen zu halten. Mit gemischtem Erfolg. Bei knapp 15 Prozent liegt ihr Anteil nach Angaben des Interportals busliniensuche.de. Marktführer ist demnach MeinFernbus (32,6 Prozent) vor FlixBus (21,1 Prozent) und dem ADAC Postbus (11,9 Prozent). Knapp 90 Unternehmen mischen mit. Der Erfolg gefällt nicht jedem.

Der Deutsche Städtetag sprach sich Anfang Mai für eine Ausweitung der LKW-Maut auf die Fernbuslinien aus.

Hintergrund sind vor allem die steigenden Kosten für die Busbahnhöfe. Viele brechen unter dem Ansturm immer weiterer Anbieter und immer neuer Linien zusammen. „Nach dem Personenbeförderungsgesetz sind die Fernbuslinien-Betreiber gefordert, Haltepunkte einzurichten und barrierefrei auszugestalten. Das heißt, sie müssen für diese Infrastruktur aufkommen“, betonte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Stephan Articus, gegenüber der Welt. Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer sieht das allerdings ganz anders und kontert: „Die öffentliche Hand steht in der Verantwortung, für Fernbusterminals zu sorgen, die ein Mindestmaß an Komfort und Sicherheit garantieren.“ Dennoch wolle man sich an der „Finanzierung der Stationen beteiligen.“

Konkret schlug der Unternehmerverband „öffentlich-private Partnerschaften“ vor, um die Lasten gleichmäßig und fair zu verteilen. Bisher ist das allerdings Zukunftsmusik. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zeigte sich gegenüber den Maut-Plänen skeptisch. Statt einer bundesweiten Maut sollten die Länder in die Bresche springen und die klammen Kommunen beim Ausbau der Infrastruktur unterstützen. Für lange Debatten bleibt wenig Zeit. Gerade in den Großstädten lassen die hygienischen Verhältnisse in den Fernbus-Stationen zu wünschen übrig. Für die Fahrer gibt es kaum Ruheräume, und auch die Gefahr von Verspätungen wächst. Auf die Busbetreiber werden deswegen weitere Kosten zukommen.

Deren Spielraum ist allerdings begrenzt. Für einige Unternehmen könnte eine solche finanzielle Zusatzbelastung das Aus bedeuten. ADAC und Post, die zusammen den ADAC Postbus betreiben, denken bereits jetzt über einen Ausstieg aus der Branche nach, berichtet die Wirtschaftswoche. Aus hochrangigen Kreisen des ADAC heißt es demnach, die Tochterfirma fahre trotz langsam steigenden Marktanteils noch immer nicht in der Gewinnzone. Eine Fernbus-Maut wäre somit ein weiterer schwerer Schlag. In den kommenden Wochen sollen verschiedene Szenarien geprüft werden, wie es mit dem ADAC Postbus weitergehen könnte. Das Ergebnis könnte die Branche verändern.

Neben der harten Konkurrenz gibt es auch an anderen Stellen Probleme. War das Wachstum bisher auf eine Zunahme der möglichen Verbindungen zurückzuführen, droht an dieser Stelle bald eine Stagnation. Fast jede große und mittelgroße Stadt ist schon jetzt am Fernbusnetz angeschlossen. „Das Wachstum wird an Fahrt verlieren“, sagt die Wirtschaftsberatung IGES voraus.

Hinzu kommt, daß die Fernbuslinien eben nicht alle Zielgruppen ansprechen. Gerade Geschäftsreisende und Pendler werden sich trotz der günstigeren Preise kaum für die neue Konkurrenz erwärmen können. Zwar fährt die vergleichsweise oft pünktlich ab, bei der Ankunftszeit dagegen sieht es anders aus. Gerade Jugendliche, Sparfüchse und Reisende, denen Mitfahrgelegenheiten zu unsicher sind, werden sich davon nicht abschrecken lassen. Zumindest solange die Preise weiterhin so günstig bleiben.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen