© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Europa und die Ukraine-Krise
Hühnerhaufen
Christian Rudolf

Man möchte wirklich nicht in der Haut der Kiewer Übergangsregierung stecken. „Wir sind in eine Falle getappt“, sagte dieser Tage Premier Arsenij Jazenjuk. Was die Zentralregierung im Ringen um die Einheit des Landes auch tut, es kann sich als Fehler erweisen. Versucht sie weiter, die Separatisten militärisch niederzuringen, hätte sie dazu das Recht auf ihrer Seite, aber nur eingeschränkt die Sympathien der Bevölkerung des Donbas. Auf deren Gefühlshaushalt wirkt vor allem die Propaganda des russischen Fernsehens ein. Läßt Kiew hingegen die Separatisten gewähren, werden diese sich ermutigt fühlen und ihren Einflußbereich weiter ausdehnen.

Jazenjuk mag sich noch sträuben, aber er wird in den sauren Apfel beißen, den der Reisediplomat Steinmeier nach Kiew mitgebracht hat: mit den Separatisten verhandeln. Ungeachtet des Ausgangs der Präsidentenwahl (wenn die denn stattfinden kann) wird die Föderalisierung kommen – so ist Realpolitik, ob man will oder nicht. Was uns auch jenseits der Ukraine-Krise Kopfzerbrechen bereiten darf, ist: Die EU betreibt allen Floskeln zum Trotz keine gemeinsame Außenpolitik. Wieder einmal ist es nur Deutschland, das sich für alle in die Bresche wirft. Die Südeuropäer? Interessieren sich nicht. Die Briten? Abgetaucht. Die Polen? Haben zur Ukraine einen ganz eigenen Zugang. Und diesem Hühnerhaufen steht ein einheitlicher Machtblock gegenüber: Rußland.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen