© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/14 / 09. Mai 2014

Kampf an vielen Fronten
Europawahl I: Die Pro-Bewegung in NRW setzt auf die zeitgleich stattfindende Kommunalwahl
Henning Hoffgaard

Es sind erstaunlich selbstkritische Töne von Pro-NRW-Chef Markus Beisicht. „Mehr Städte wären erfreulich gewesen“, sagt er nachdenklich. Dennoch sei es seiner Partei gelungen, die Kandidatenzahl für die Kommunalwahlen am 25. Mai in Nord-rhein-Westfalen auf 1.000 zu verdreifachen. Für die nach eigenen Angaben knapp 2.000 Mitglieder starke Formation könnte es die letzte Chance sein, sich langfristig im bevölkerungsreichsten Bundesland zu etablieren.

Von allzu illusorischen Zielen hält Beisicht dabei wenig. „Unser Ziel ist es, überall wo wir antreten, als Gruppe in die Kommunalparlamente einzuziehen“, sagt er der JUNGEN FREIHEIT. Dafür werden drei Prozent der Stimmen benötigt. In Köln, Wiege der Pro-Bewegung, sind mindestens fünf Prozent als Ziel ausgegeben. In zwölf der 23 kreisfreien Städte in NRW wird die Partei auf dem Wahlzettel stehen. Bei der vergangenen Kommunalwahl 2009 war dies nur in drei Städten gelungen. Jeder zweite Wahlberechtigte wird die Partei auf dem Wahlzettel vorfinden. Ein Zeichen, daß es Pro NRW in den vergangenen Jahren gelungen ist, sich in bestimmten, zumeist städtisch geprägten Regionen, im Land zu etablieren. Ob sich das allerdings auch in den Wahlurnen niederschlägt, ist eine andere Frage.

Die große Unbekannte ist die zeitgleich stattfindende Europawahl. Werden die Wähler, die kommunal Pro NRW gewählt hätten, auch auf dem anderen Wahlzettel ihr Kreuz machen? Oder wird die EU-Wahl kommunale Fragen in den Hintergrund rücken? Beisicht ist sich sicher, daß die Wähler auf beiden Stimmzetteln für seine Partei stimmen.

Und die Konkurrenz? „Wir sehen den Antritt der AfD sehr gelassen“, gibt sich der Parteichef optimistisch. Zwar gebe es Übereinstimmungen, dennoch spreche man eine andere Wählerschicht an. „Ganz hilfreich“, schiebt Beisicht nach, sei das Aufkommen der AfD allerdings nicht. „Ihnen fehlt die kommunale Verankerung“, meint er und verweist auf das Ergebnis der Münchner Kommunalwahl, bei der die AfD etwa 2,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte. „Die soziale Komponente ist bei uns einfach größer.“

Hauptthema von Pro NRW ist im Gegensatz zu den vergangenen Jahren nicht die Islamkritik, sondern die Armutseinwanderung nach Deutschland. Mit dem von der CSU übernommenen Wahlkampfmotto „Wer betrügt, der fliegt“ will die Partei vor allem in Duisburg, Leverku-sen und Essen auf Stimmenfang gehen. Gerade in Duisburg war Pro NRW in den vergangenen Monaten immer wieder mit Demonstrationen präsent. Die Stadt kämpft bereits seit längerem mit der Einwanderung von Roma-Clans. In Dortmund dagegen und den meisten ländlichen Regionen schaffte es die Partei nicht auf die Stimmzettel.

Dort wo sie antritt, kämpft Pro NRW vor allem mit der Beeinträchtigung des Wahlkampfes durch Linksextremisten und die Regionalpresse. Beisicht spricht von Einschüchterungen gegen die Kandidaten und einem „Terror gegen unsere Plakate“. Mehrere hundert seien bereits zerstört worden. Kölner Stadtanzeiger und Kölner Express berichteten mehrfach über angeblich besorgte „Anwohner“, die Pro-NRW-Plakate eigenmächtig bei der Polizei abgaben. Die Grundaussage: Irgendwie Zivilcourage. Doch auch ein anderes Thema bereitet Beisicht Kopfschmerzen. Die Personalie Jörg Uckermann. Der sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kölner Ratsmitglied 223 Betrugsfälle vor. Unter anderem soll er zu Unrecht Sitzungsgelder kassiert haben. Für Pro-NRW-Chef Markus Beisicht hat der derzeit laufende Prozeß ein „politisches Geschmäckle“. So sei Uckermann in einem Krankenhaus verhaftet und direkt in die Justizvollzugsanstalt gebracht worden, obwohl er wegen psychischen Problemen behandelt worden sei. „Das Verfahren wurde natürlich mit Absicht auf die heiße Phase des Wahlkampfes gelegt, obwohl ein Urteil erst Ende des Jahres fallen wird.“ Zudem sei der Politiker bereits vorverurteilt worden. „Natürlich gehe ich von seiner Unschuld aus“, betont Beisicht.

Zumindest in einer Frage ist er sich sicher. Sollte ihm der Einzug ins EU-Parlament gelingen („Kann man jetzt noch nicht seriös sagen“), will er mit der FPÖ in einer Fraktion sitzen. „Im Gegensatz zu anderen zieren wir uns da nicht.“ Ohne ein erfolgreiches Abschneiden bei der Kommunalwahl droht der Partei jedoch mit oder ohne Brüsseler Mandat ein Kampf ums Überleben.

Foto: Pro-Wahlkampfstand in Köln unter Polizeischutz: Anwohner hängen Wahlplakate ab

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