© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/14 / 02. Mai 2014

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Kapiert ihr das nicht?“, JF 18/14

Intelligent gestellte Fragen

Mit Vergnügen ist zu lesen, wie sich Gauweiler auf die von Herrn Schwarz sehr intelligent gestellten Fragen winden und verbiegen muß. Trotz der CSU bleibt er nur ein Einzelkämpfer. Seine Partei hingegen hat den Charme von Trachtenvereinen entdeckt und punktet auf dieser Welle: Die wichtigsten Termine für ihre Politiker sind populäre Faschingsfeste und der Höhepunkt bayerischer Politgemütlichkeit, das Politiker-Derblecken auf dem Münchner Nockherberg. Dort schlagen sie sich vor Vergnügen über ihre parodistisch dargebotenen Fehlleistungen volksnah auf die Schenkel. In Berlin tuten sie aber, durchaus NPD-nah, mit gewichtigen Forderungen, wie „Maut für Ausländer“ und „Wer betrügt, der fliegt“ kraftvoll ins populistische Alphorn, bei der Europapolitik wiederum ministrieren sie brav dem zentralismusverblendeten Herrn Schäuble und der, von der knallharten Finanzdiplomatie hin und her gebeutelten, überforderten Kanzlerin. Aber, liebe Wähler, bleibt rechtgläubig! Nicht zur AfD abwandern! Horst Seehofer wird das Rechte für euch schon erlächeln!

Erich Drosen, Oberschleißheim

 

 

Zu: „Trügerische Ruhe“ von Michael von Prollius, JF 18/14

Deutsche Bürger bürgen

Das ist wirklich die gemeinste Lüge von EU-Politikern kurz vor der Europawahl, daß es mit Griechenland aufwärtsgeht! Griechenland ist endgültig bankrott und hat nur dadurch einen Überschuß ausgewiesen, weil es betrügerischerweise die enormen Zinskosten nicht angesetzt hat. Das Staatsdefizit stieg sogar weiter um 12,7 Prozent an. Und die Neuaufnahme von Anleihen auf dem Kapitalmarkt war nur möglich, weil deren Sicherheit durch die EZB, sprich durch die Sparkonten der deutschen Bürger, abgedeckt wurde. Die Euro-Krise ist keineswegs überstanden, sondern eskaliert immer weiter.

Herbert Gaiser, München

 

Anleihen als Potemkinsches Dorf

Erstmals seit vier Jahren werden wieder griechische Staatsanleihen auf dem Kapitalmarkt gehandelt, und Bundeskanzlerin Merkel ist am nächsten Tag in Athen, um diesen vermeintlichen Fortschritt auf dem Weg aus der griechischen Schuldenkrise zu begrüßen. Doch tatsächlich können Banken, Hedgefonds und andere Finanzjongleure ihre Risiken erfolgreich auf die Steuerzahler der Eurozone, also vor allem auf Deutschland, abwälzen. Mit ESM, EZB und den anderen „Institutionen“ stehen wir auch für die neuen griechischen Staatsschulden gerade. Daher können die Finanzanleger nahezu unbesorgt sein, obwohl die Fundamentaldaten alarmierend sind: Die griechische Schuldenquote ist heute höher als 2010, und das griechische Sozialprodukt ist um 25 Prozent gesunken. Griechenlands Gang an den Kapitalmarkt ist ein Potemkinsches Dorf, dessen Kulissen die große Umverteilung von den Steuerzahlern zu den Finanzanlegern verdecken.

Stephan Brandner, Gera

 

 

Zu: „Politiker wünschen sich ein bißchen Frieden“ von Lion Edler, JF 18/14

Staatliche Zuwendung streichen

Linksextreme Gruppierungen werden wissentlich mit Steuergeldern unterstützt, obwohl ein bekanntes Ziel der Umsturz unserer Gesellschaft ist. Deren militante Aktionen werden geduldet und von manch etablierter Partei schön geredet, wenn nicht gar entschuldigt. Ein Großteil der Medien schließt sich in der Berichterstattung dieser Haltung an. Gewalt geht immer von der Polizei in Vertretung des Staates aus oder zumindest lesen sich die Meldungen so, als ob es nur harmlose Rangeleien gab.

Prinzipiell erscheint der 1. Mai als eine folkloristische Veranstaltung, zu der es eben dazugehört, fremdes Eigentum zu zerstören, Geschäfte zu plündern, Autos anzuzünden, Dinge vom Pflasterstein bis zum Moltowcocktail auf Menschen zu werfen, Polizeiwachen anzugreifen und ganze Viertel zu verwüsten. Die Gruppen sind bestens organisiert und vernetzt, betreiben Aufklärung gegen die eingesetzten Polizeieinheiten, um stärkeren ausweichen oder zahlenmäßig unterlegene angreifen zu können. Jedem Aktivisten oder Demonstranten, der sich an diesen Umtrieben beteiligt, muß jegliche staatliche finanzielle Zuwendung gestrichen werden. Dasselbe gilt für Vereine und Gruppen, die zur Teilnahme an diesem „Event“ aufrufen. Nur so kann dem linksextremen Mob die finanzielle Grundlage entzogen werden.

Alexander Garnreiter, Feldkirchen b. München

 

 

Zu: „Lügen im Namen des Papstes“ von Gernot Facius, JF 18/14

Erklärungsbedarf bei Hirtenbrief

Nun mag Rom den polnischen Kardinal ja trotz oder gerade wegen seiner Haltung zur Vertreibung der Deutschen, vor allem der deutschen Evangelischen, seligsprechen. Erklärungsbedarf wird jedoch selbst bei den römisch-katholischen Bischöfen Deutschlands bestehen, wenn sie Hlonds Hirtenbrief vom 29. Februar 1936 zur Kenntnis nehmen. Dieser wurde von allen polnischen katholischen Kanzeln verlesen und hat unter anderem folgenden (von mir übersetzten) Wortlaut: „Es besteht ein jüdisches Problem, und dieses wird solange bestehen, wie die Juden Juden bleiben. (...) sie sind Freidenker und stellen die Vorhut des Atheismus, der bolschewistischen Bewegung und revolutionärer Aktivität dar. Fakt ist ferner, daß der jüdische Einfluß auf die Moral fatal ist und daß ihre Verleger pornographische Schriften veröffentlichen. Es ist wahr, daß die Juden Betrügereien begehen, Wucher treiben und in der weißen Sklaverei tätig sind. Es ist wahr, daß in den Schulen der Einfluß der jüdischen Jugend auf die katholische Jugend von einem religiösen und ethischen Standpunkt aus ganz allgemein bösartig ist. (...) Man tut gut daran, die eigenen Leute in Handelssachen vorzuziehen und jüdische Geschäfte und jüdische Stände auf den Märkten zu meiden (...) Man muß sich gegen die schädlichen moralischen Einflüsse des Judentums verteidigen“ (zitiert aus: Celia S. Heller, „On the Edge of Destruction: Jews in Poland Between the Two World Wars“, Schocken Books, New York 1980).

Prof. Dr. Karl-Heinz Kuhlmann, Bohmte

 

 

Zu: „Die Bibel in der Glotze“ von Thorsten Brückner, JF 17/14

Evangelikale Endzeitvisionen

Betreffs des letzten Satzes Ihrer Fernsehkritik zu dem Mehrteiler „Die Bibel“: Die JF darf als rechtsintellektuelle europäische Zeitung gerne eine christliche Grundtendenz haben; sie darf sich auch immer wieder kritisch und ausgewogen mit dem christlichen Glauben auseinandersetzen. Aber sich zum Sprachrohr evangelikaler Endzeitvisionen zu machen – das darf sie nicht.

Dieselbe Zeitung, die heute allen Nichtgetauften das apokalyptische Fegefeuer androht, rezensiert nächste Woche in bester Laune ein Pagan-Metal-Album. Da kann einem nur übel werden.

Daniel Schachtheim, Leipzig

 

 

Zu: „Der Friede fröstelt“ von Detlef Kühn, JF 17/14

Alles eine Frage der Verbindung

Nur in einem Land, dessen Regierende sich vor allem für die Belange von Ausländern einsetzen, kann Kremlchef Putin auf soviel Unverständnis stoßen, wenn er nachdrücklich russische Interessen vertritt. Was hat ihm die Entspannung schließlich eingebracht? Amerikanische Truppen rückten bis an die Grenzen vor wie in Polen und im Baltikum. Wäre auch die Ukraine ins westliche Lager abgedriftet, hätte Rußland die Verbindung zu seiner Schwarzmeerflotte eingebüßt. Deshalb war die Einverleibung der Krim eine Notwendigkeit, um weiterer Einschnürung durch die USA zu begegnen.

Volker Wittmann, Gauting

 

Ins Schwarze getroffen

Ihr Autor thematisiert die russisch-sowjetische Bedrohung Mitteleuropas aus historischer Perspektive. Seine Argumentation trifft ins Schwarze. Gerade angesichts traditioneller Sympathien für Rußland in preußisch-konservativen und deutschnationalen Kreisen sind seine Ausführungen wichtig. Man könnte hier auch von der alten Symbiose des nationalen russischen Selbstverständnisses mit einem stets überzogenen Sendungsbewußtsein sprechen.

Die guten Erinnerungen deutsch-russischen Einvernehmens beziehen sich auf die Waffenbrüderschaft während der Befreiungskriege und die russische Neutralität während der Reichsgründung. Aber schon kurz danach stellte Bismarck fest, daß russischer Nationalismus und Panslawismus zu immer heftigerer Deutschfeindlichkeit führten. Tatsächlich war es vor dem Ersten Weltkrieg das offene Ziel Rußlands, das blühende Gefüge der beiden mitteleuropäischen Kaiserreiche zu zerstören und Deutschland seiner geopolitischen Basis zu berauben.

Heute bedient sich das übersteigerte russische Selbstbewußtsein aus verschiedenen ideologischen Quellen. Wiederbelebt wurde der großrussische Nationalismus, dem die wieder staatstragende orthodoxe Religion ideologischen Rückhalt bietet. Ferner treten panslawistische und (post-)sowjetische sowie geopolitische Motive hinzu, die ein neues eurasisches Großreich zu rechtfertigen suchen, das einen erheblichen Einsatz von Zwang und Gewalt erfordern wird. Deutschland kann sich davon nichts erhoffen.

Wer von einer deutsch-russischen Allianz träumt, verleugnet die geschichtlichen Erfahrungen. Versuche, einen Kontinentalblock als Gegengewicht zum weltweiten angelsächsischen Verbund zustande zu bringen, sind schon 1905 und 1940 gescheitert. Vestigia terrent.

Wilhelm Hacke, Witten

 

 

Zu: „In der Pluralismusfalle“ von Gernot Facius, JF 17/14

Heilung ohne Kreuzigung

Bei den hier hilfreich gebündelten Auslegungen zum „Sühnetod Jesu“ ist eines unübersehbar: Auch Apologeten finden vermehrt den Mut zuzugestehen, daß die Kreuzigung eines Menschen für das eigene „Heil“ ethisch unhaltbar ist. Die rhetorischen Rettungsversuche einzelner Protagonisten, ihre Widersprüchlichkeiten in sich und zueinander sind intellektuell kaum auszuhalten. Wer glaubt, daß „das Kreuz und seine seligmachende Botschaft“ Mittelpunkt der Kirche sein müsse, da sie sonst aufhöre, Kirche zu sein, gräbt damit der Kirche das Grab! Man stelle sich einmal vor: Heute stände aus unseren Reihen jemand auf und behauptete, er sei prädestiniert und bereit, sich für uns kreuzigen zu lassen, um uns von unseren Sünden zu befreien. Klar, wohin man diesen Menschen brächte! Für meinen Teil hege ich die Hoffnung, daß die „Pluralismusfalle“ ihre Aufgabe erfüllt.

Bodo Wallasch, Wolfenbüttel

 

 

Zu: „Weil der Markt es nicht schafft“ von Konrad Adam, JF 16/14

Es fehlt die Relation

Diesem Beitrag wäre, gemäß des Einstiegs über Karl Kraus, mit einem anderen Zitat des genialen Aphoristikers zu entgegnen: Es gibt Dinge, die sind so falsch, daß noch nicht einmal das absolute Gegenteil richtig ist. Ich frage mich, wie der Autor bei einer Staatquote von über 50 Prozent ernsthaft glauben kann, der Markt wäre an der Macht? Vor allem: Könnte der Markt das überhaupt? Es ist bezeichnend für Marktgegner, den Markt zur Person beziehungsweise Unperson zu erklären und ihm Eigenschaften eines Lebewesens zuzuschreiben.

Der Markt beschreibt lediglich den Umstand, daß Menschen Güter oder Leistungen anbieten respektive diese nachfragen. Was wir mit „Markt“ bezeichnen, ist das Verhalten von Menschen. Da es den Markt als eigenständige Kreatur (im Gegensatz zu menschlichen Individuen) gar nicht gibt, kann er weder weise noch dumm sein, weder gut noch böse, weder moralisch noch unmoralisch. Und genau so hat es Karl Kraus auch gemeint: es gibt Begriffe, die lassen sich nicht in Relation setzen. Markt und Moral ebensowenig wie Schwerkraft und Moral.

Und wie die Schwerkraft, läßt sich der Markt nicht außer Kraft setzen. Er existierte auch im Kommunismus und verzögerte sogar noch dessen Zusammenbruch. Der im Januar 2012 verstorbene Unternehmer und Ökonom Roland Baader, auch JF-Autor, nannte ganz konkret die einzige Alternative zum Markt: Befehl. Es gibt nur Markt oder Befehl. Wenn wir etwas nicht dem Markt überlassen wollen, dann überlassen wir es jemandem, der dadurch unbegrenzte Macht erhält. Bezeichnend ist, daß die vom Autor angebrachten Beispiele für Marktversagen gerade aus marktfernen Sektoren kommen, wie dem auf planwirtschaflicher Geldpolitik basierenden Finanzsystem und der mit der Politik verbandelten Welt der Großkonzerne.

Jörg Schummel, Ruthweiler

 

 

Zum Leserbrief „Giftige Angelegenheit“ von Wilhelm Kühne, JF 17/14

Ideologisch gesteuerte Emotion

Leider bestehen hierzulande viele Vorurteile gegenüber dem Fracking, die von einschlägigen Organisationen gestreut werden. Dabei ist technisches Fracking in Deutschland seit über fünfzig Jahren problemlos in bis jetzt über 380 Fällen angewandt worden. Die zum Fracking vorgesehenen Schichten in Norddeutschland liegen in einer Tiefe von etwa 3.000 bis 5.000 Metern, unser Grundwasser hingegen für gewöhnlich in einer geringen Tiefe von maximal einigen hundert Metern, beide dauerhaft durch fest zementierte Stahlrohre getrennt. Die tieferen Schichten führen schweres, da salziges Formationswasser. Das Grundwasser ist leicht, da salzfrei. Schon aufgrund dieser Unterschiede können diese Horizonte nicht miteinander kommunizieren.

Das zum Fracken als vermeintliches „Gift“ benutzte Zusatzmittel besteht zu ein bis zwei Prozent aus stärkebasierten Zusätzen. Das in einem aus den USA von interessierter Seite bekannt gemachte Video, das einen feuerspeienden Wasserhahn zeigt, ist nicht dem Fracking geschuldet. Das verursachende Gas ist ein Sumpf- oder Faulgas und entstammt einer normalen, auf dem Grundstück eines Farmers niedergebrachten Grundwasserbohrung, wie sie zu Zigtausenden in den USA üblich sind.

Dr. Klaus-Jürgen Goldmann, Berlin

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