© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/14 / 25. April 2014

Knapp daneben
Satt, dick und friedlich
Karl Heinzen

Blutzucker befeuert die Denkleistungen, und er sorgt auch dafür, daß man seine Affekte besser im Griff hat. Was dies für den Alltag bedeutet, konnten Forscher der Ohio State University in einem Experiment demonstrieren.

In einer Testgruppe aus 107 Ehepaaren hatten die Teilnehmer die Aufgabe, drei Wochen lang abends je nach Grad ihrer Verärgerung bis zu 51 Nadeln in eine Voodoo-Puppe zu rammen, die ihren Partner symbolisierte. Darüber hinaus mußten sie sich einem fiktiven Streitgespräch stellen, in dem sie glaubten, mit der Gattin oder dem Gatten zu kommunizieren, tatsächlich aber bloß ein Computer die Lautstärke maß, mit der sie ihrer Wut Luft machten. Bei all diesen Tests wurde der Blutzuckerspiegel der Beteiligten gemessen. Das Ergebnis: Je niedriger er lag, desto mehr Nadeln landeten in der Puppe und desto lauter wurde die Stimme im vermeintlichen Streit erhoben.

Die Ehepartner sollten einfach mehr essen, dann eskaliert der Streit nicht so häufig.

Paartherapeuten bietet die Studie nützliche Hinweise für die Praxis. Wollen sie Beziehungsproblemen tatsächlich auf den Grund gehen, müssen sie dafür sorgen, daß die Patienten nüchtern zum Termin erscheinen. Auch für aussichtslos erscheinende Fälle gibt es Hoffnung: Die Ehepartner sollten einfach mehr essen, dann eskaliert der Streit nicht so häufig, und obendrein wird die Gewichtszunahme sie so unattraktiv machen, daß sie kaum noch aus der Beziehung ausbrechen können.

Lehrreich ist die Studie aber auch für die Politik. Statt mit aggressiven Gewalttätern fruchtlose Therapiegespräche zu führen, sollte man ihnen im Gefängnis einfach Mehrfachrationen verabreichen. Dies wird sie milder stimmen und so korpulent machen, daß sie keinen Kampf mehr führen und nicht länger vor der Polizei davonlaufen können.

Neue Wege werden auch der internationalen Friedenspolitik gewiesen. Es hat sich gezeigt, daß man Krisen mit militärischen Interventionen nicht lösen kann. Hilfreicher wäre es, Lebensmittel statt Truppen zu schicken. Hätten die Amerikaner mit ihren Drohnen nicht Raketen abgefeuert, sondern Eßbares abgeworfen, wären sie im Krieg gegen den Terrorismus vielleicht viel weiter gekommen.

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