© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/14 / 25. April 2014

EU will „Made in Germany“ abschaffen – mal wieder
Was hat’s gemacht?
Michael Paulwitz

Wenn es irgendwo noch etwas gleichzuschalten gibt, kommt irgendeine EU-Instanz früher oder später auch darauf. Diesmal war das EU-Parlament dran und hat auf Vorschlag der EU-Kommission beschlossen, die Herkunftsbezeichnung „Made in …“ für alle Waren, außer Lebensmitteln, verpflichtend zu machen. Herstellungsland sei – sofern nicht gleich die Sammelbezeichnung „Made in the EU“ verwendet werden soll – das Land der „letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- und Verarbeitung“.

Offizielle Begründung ist ein „Regelungschaos“ für außereuropäische Importwaren. Deswegen liegt dem Gesetzesentwurf auch die entsprechende Definition im EU-Zollkodex zugrunde. Die deutsche Wirtschaft wittert dennoch mit gutem Grund einen Anschlag auf das Gütesiegel „Made in Germany“ – und damit auf die deutsche Exportstärke, die gleichmacherischen EU-Planwirtschaftsbürokraten schon seit längerem ein Dorn im Auge ist.

Dabei ist „Made in Germany“ selbst ein Beispiel dafür, wie Dirigismus nach hinten losgehen kann. Das britische Handelsmarkengesetz von 1887 führte die Pflichtkennzeichnung ein, um die heimische Kundschaft vor deutschen Plagiaten britischer Produkte zu warnen. Binnen kurzem wurde aus dem Warnsignal ein Gütesiegel und ein Qualitätsversprechen, das deutsche Hersteller offensiv einsetzten.

Das funktioniert bis heute, selbst wenn es kaum noch komplexere Produkte gibt, die ohne ausländische Zulieferteile oder Fertigungsschritte auskommen. Deutsche Firmen nutzen das freiwillige Siegel, um zu zeigen, woher das Wissen stammt, mit dem die Waren produziert wurden. Nicht der Fertigungsort sei entscheidend, sondern Idee, Ingenieurleistung, Qualität und unternehmerische Verantwortung, argumentieren BDI und DIHK gegen die EU-Pläne.

Ganz so einfach ist es natürlich auch nicht – man denke nur an das Desaster, das BMW in den Neunzigern mit seinem rasch wieder aufgegebenen Motorenbau in Osteuropa erlebte. Wer nicht nur ein in Deutschland ersonnenes Produkt erwerben, sondern mit seinem Kauf auch deutsche Arbeitsplätze sichern will, der mag sich durch die derzeitige Praxis sehr wohl auch irregeführt sehen.

Es ist allerdings nicht die Aufgabe von EU-Parlament und EU-Kommission, ihn davor zu schützen – abgesehen davon, daß die geplante Einheitsregelung auch nicht mehr Klarheit brächte. Herkunftskennzeichnungen sind Marken und sollten auch weiterhin dem Wettbewerb zwischen den Volkswirtschaften unterliegen.

An den Nationalstaaten, die den Beschluß im Ministerrat bestätigen müssen, dürfte denn auch dieser Anlauf scheitern – bis zur nächsten Wiedervorlage. Eine Mehrheit, angeführt von Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden, ist dagegen. Ein Segen, daß die Nationalstaaten noch immer Herren der Verträge sind und wenigstens gelegentlich auch ihre Interessen gegen den Furor der Gleichmacher wahren.

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