© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/14 / 25. April 2014

Grüße aus Rom
Rom im Päpstefieber
Paola Bernardi

An den Straßenwänden Roms, wo sonst Plakate mit Politikergesichtern und vollmundigen Versprechungen kleben, sieht man derzeit die ehrwürdigen Antlitze der beiden Päpste Johannes XXIII. (1881–1963) und Johannes Paul II. (1920–2005). So mancher eilige Passant hält eine Sekunde inne und bekreuzigt sich.

An diesem Sonntag der „Göttlichen Barmherzigkeit“, am 27. April, findet in Rom ein gewaltiges kirchliches Spektakel statt, das es bisher noch nie gegeben hat. Papst Franziskus wird seine Vorgänger, den italienischen Angelo „Roncalli-Papst“ Johannes XXIII. und den Polen Karol Józef Wojtyła, Johannes Paul II., gemeinsam in den Heiligenstand erheben.

Rom brodelt seit Wochen: täglich treffen Pilgergruppen per Flugzeug, Bahn und Autobus in der Ewigen Stadt ein. Menschenströme und Busse verstopfen das historische Zentrum. Überall prangen in den Schaufenstern die Bildnisse der neuen Heiligen und die Souvenir-Verkäufer und Bettler lauern an jeder Ecke. Millionen von Menschen kommen aus aller Welt, aber besonders aus Europa, aus Polen angereist.

Johannes Pauls Messen unter freiem Himmel waren „Events“ – wie bei einem Popstar.

Roms Planer bereiteten sich seit zwei Jahren auf dieses Groß-Ereignis vor: Vier bis fünf Millionen Besucher haben die Statistiker ausgemacht. Viele Römer haben rechtzeitig die Stadt verlassen. Der polnische Papst Johannes Paul II., der 26 Jahre lang eine dynamische Reisetätigkeit entfaltete, war immer ein Publikumsmagnet. Seine Messen unter freiem Himmel waren „Events“ wie bei einem Popstar.

Doch nicht nur die Polen jubeln an diesem Sonntag, sondern auch die älteren Römer. Sie erinnern sich mit großer Wehmut an den „Papa buono“, an Papst Roncalli. Er wirkte äußerlich wie ein bäuerlicher Mensch, doch er war einer der ganz großen vatikanischen Diplomaten, der im stillen die Welt bewegte.

Die ersten „Wunder“, zynisch gesagt, haben die neuen Heiligen bereits für die Stadt vollbracht: Die Hotels und Unterkünfte sind ausgebucht mit Preisen, die in den Himmel geschossen sind. Ebenso wurden zahlreiche neue Pizzerien, Eisdielen und Billigläden im Zentrum eröffnet. Denn die Mafia – sie ist die einzige Struktur, die in diesen Krisenzeiten über riesige Bargeldmengen verfügt – wartete auf diese Heiligsprechung inniger als jeder Gläubige. Die Mitglieder der „Familie“ ergriffen dieses weltbewegende Ereignis lange im voraus, um viel, viel Geld zu waschen. Eine feierliche Gelegenheit nicht nur für fromme Christen.

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