© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/14 / 25. April 2014

Konflikt in der Ostukraine
Nur eine Frage der Zeit
Christian Rudolf

Manchmal ist aufschlußreicher, was beschwiegen als was besprochen wird. Der Genfer Krisengipfel zur Ukraine hat faktisch die Stationierung vieler Zehntausender russischer Soldaten direkt an der ukrainischen Grenze sanktioniert wie auch die Annexion der Krim durch Rußland. Keiner dieser Punkte wurde von den Top-Diplomaten des Westens, John Kerry und Catherine Ashton, auch nur erwähnt. Deren Unterschriften unter ein Abkommen, das für die Lösung des Konflikts in der Ostukraine mitteleuropäische Umgangsformen einführen will, zeigen vor allem eines an: zu welchen weitreichenden Konzessionen der Westen gegenüber Rußland bereit ist, um die Lage nicht eskalieren zu lassen.

Die knallharte Machtpolitik hat sich für Moskau in Genf ausgezahlt: Außenminister Sergej Lawrow hat für seinen Auftraggeber herausverhandelt, die Reform der ukrainischen Verfassung „mitgestalten“ zu dürfen. Aber niemand sollte sich Illusionen machen. Die gewünschte Dezentralisierung der Ukraine ist der Anfang von deren Teilung und Zerfall. Über die Feiertage ist klar geworden, was Skeptiker schon ahnten: Für den Kreml bedeutet Genf nur Zeitgewinn. Die Separatisten, die man getrost als Akteure im Interesse Rußlands ansehen darf, haben ihre Stellungen nicht etwa geräumt, sondern befestigt, Waffen erbeutet und ihr Hauptquartier in Slowiansk ausgebaut.

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