© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/14 / 18. April 2014

Abwärtsspirale in Zentralafrika: Nachwehen der Entkolonialisierung
Erpressung mit nationalem Selbstmord
(ob)

Die Zentralafrikanische Republik (ZAR), die 1960 ihre Unabhängigkeit gewann, war stets das „Aschenputtel des französischen Kolonialreichs“. Das nördlich an den Kongo anschließende Land, zweimal so groß wie die Bundesrepublik, sei von Paris notorisch vernachlässigt und profitgierigen Konzessionsfirmen überlassen worden, wie Stephan W. Smith, Professor für Afrikastudien an der Duke University in Durham (USA), lakonisch knapp die ZAR-Misere zu Beginn der Entkolonialisierung umreißt (Welt-Sichten, 2/2014). Ohne administrative Elite, ohne Infrastruktur, blieb die ZAR daher de facto unter französischer Aufsicht. Nach dem Sturz des bizarren „Kaisers“ Bokassa I. (1978) dirigierte bis 1993 Frankreichs Geheimdienst die Präsidenten-Marionetten. Danach überließ Paris das Land zwei Jahrzehnte ausgeprägter Vetternwirtschaft, bis im März 2013 muslimische Rebellen nach der Macht griffen und einen Bürgerkrieg entfachten, der im Dezember 2013 zur Intervention französischer und afrikanischer Truppen führte. Smith glaubt nicht, die Abwärtsspirale in diesem „Phantomstaat“ lasse sich damit stoppen. Allenfalls kurzfristige Nothilfe dürfe von außen geleistet werden. Denn Unabhängigkeit bedeute auch Eigenverantwortlichkeit, und man sollte die ZAR nicht ständig daran hindern, aus ihren Fehlern zu lernen und ihre „Erpressung mit nationalem Selbstmord“ belohnen.

www.welt-sichten.org

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