© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/14 / 18. April 2014

Blick in die Medien
Der EUStaatsfunk kommt
Toni Roidl

Die EU-Kommission ist bemüht, ihr derangiertes Ansehen aufzupolieren: Sie stellt Fotos und anderes Rohmaterial aus Brüssel kostenfrei zur Verfügung, liefert auch ganze Beiträge, wenn sich Abnehmer finden. Kommissionspräsident Manuel Barroso wird von einem PR-Team unterstützt. Besondere Bedeutung kommt dem Vertrag mit dem Nachrichtensender Euronews zu, der über EU-Themen berichtet. 2010 kam heraus, daß er 15 Millionen Euro von der EU dafür bekommt.

Sein Nischendasein steht in umgekehrt proportionalem Verhältnis zum Selbstbewußtsein.

Euronews sitzt in Lyon und wird von mehreren staatlichen Rundfunkanstalten getragen. Das Dasein als halbamtlicher Nischensender mit kaum meßbarer Einschaltquote steht in umgekehrt proportionalem Verhältnis zum Selbstbewußtsein.

In seiner Selbstdarstellung (Media Kit) bezeichnet sich der Sender als „Europas führender Nachrichtensender“ und als „populäre Stimme des Volkes“, die „korrekt und wahrheitsgetreu“ berichte. Daher sei Euronews der Sender mit den meisten Abonnenten bei Youtube (600.000). Eine interessante Meßgröße, wo doch normalerweise reale Einschaltquoten statt Abonnenten in sozialen Netzwerken gezählt werden. Nebenbei bemerkt: Russia Today hat doppelt so viele Abonnenten (1,2 Millionen), aber vielleicht zählen die nicht, weil RT staatliches Kreml-Fernsehen ist.

Jetzt macht das Gerücht die Runde, daß Brüssel seine Aktivitäten noch weiter ausbauen könnte, daß gar ein EU-Staatsfunk geplant sei. Ein Parlamentsausschuß hat das Parlament aufgefordert, einen EU-Radiosender zu schaffen und EU-freundliche (im EU-Sprech: „unabhängige“) Sender zu unterstützen. Explizit wird auch Euronews erwähnt. Der Sender solle mehr Geld für diverse Aufgaben erhalten. Wer die EU kennt, weiß, wohin die Reise geht: Der EU-Sender wird kommen. Und Euronews wird der Nukleus dieses Rundfunksenders sein. Er gehört ja jetzt schon mehrheitlich den staatlichen Rundfunkanstalten der Mitgliedsländer. Willkommen, Brüssel-TV

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