© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/14 / 18. April 2014

Liberalismus abgesagt
FDP: Eine abgesetzte Veranstaltung der parteinahen Friedrich-Naumann-Stiftung sorgt für Verärgerung im radikalliberalen Lager
Ronald Gläser

Kappt die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) ihre Verbindungen zur radikalliberalen Szene? Ein für Mai geplantes Seminar an der Theodor-Heuss-Akademie (THA) in Gummersbach mit dem harmlosen Titel „Denker der Freiheit“ wurde abgesagt. Die libertäre Szene ist empört.

Noch im Dezember sah es so aus, als würde es für Radikalliberale eine Nische in der FDP geben: Auf dem Bundesparteitag, der Christian Lindner in Berlin zum neuen Parteichef kürte, bot dieser den Libertären die Zusammenarbeit an. Zwar verhinderte er die Wahl des Euro-Kritikers Frank Schäffler in den Parteivorstand, in seiner Rede wandte er sich jedoch gezielt an dessen Anhänger in der Partei: „Frank, es gibt die Gruppe der theoretisch engagierten Libertären, es gab sie immer“, sagte er an Schäffler und die anderen Vertreter der besonders reinen Lehre des Liberalismus gerichtet. Dieser Satz wurde von vielen als Offerte angesehen.

Diese Einigkeit scheint aufgekündigt. Unter Lindner werden sowohl in der Partei als auch der parteinahen Stiftung neue Umgangsformen gepflegt. Das behaupten der FDP nahestehende Libertäre und verweisen neben der Abwahl Schäfflers auf die erfolglose Kandidatur des EU-Kritikers Holger Krahmer für das Europaparlament im Februar. Und nun das abgesagte Seminar in Gummersbach. Dort, im FNF-Schulungszentrum, finden regelmäßig Seminare statt, so zum Beispiel über Nachhaltigkeitsrating oder die Zwischenwahlen in den Vereinigten Staaten.

Das vom 23.bis 25. Mai angekündigte Seminar „Praxis und Zukunft des Liberalismus“ ist bereits in den Vorjahren veranstaltet worden. Es lagen 63 Anmeldungen vor. Weitere 75 Personen waren vorgemerkt. Ziemlich viel für ein Seminar der Friedrich-Naumann-Stiftung. Die Vorträge entsprachen libertären Leib- und-Magen-Themen: Liberalisierung des Waffenrechts etwa oder Währungswettbewerb. Aber die Führung der Stiftung machte dem externen Veranstalter Philipp Kalwies einen Strich durch die Rechnung: „Leider muß ich euch mitteilen, daß die Gerüchteküche recht hat und die THA das Seminar definitiv abgesagt hat“, schrieb er bei Facebook. Das Programm sei von den FNF-Chefs als „zu libertär“ bezeichnet worden, so Kalwies, der 2010 aus der FDP ausgetreten ist.

Der Direktor der Theodor-Heuss-Akademie Klaus Füßmann habe fast alle Referenten abgelehnt, insbesondere Stefan Blankertz wegen seiner Gegnerschaft zur Schulpflicht und Norbert Tofall, einen früheren Mitarbeiter Frank Schäfflers. „Den wollen wir hier nicht haben“, soll ein Vertreter der Stiftung gesagt haben, sagte Kalwies der JUNGEN FREIHEIT.

Die Stiftung weist die Vorwürfe zurück. „Es gibt keine schwarze Liste“, betont der zuständige Referent Sebastian Hahn. Vielmehr bestünden „Zweifel am Niveau“ von Kalwies, der E-Mails unbeantwortet gelassen und die Standards der Stiftung nicht erfüllt habe. Er verweist auf unfreundliche Facebook-Einträge, durch die Kalwies das „Ansehen der Stiftung in den Dreck gezogen“ habe.

Seminar findet jetzt in Köln statt

Einige Libertäre sehen den Vorgang als Kampfansage. Während Kalwies das Seminar jetzt in Köln plant, tauschen sich andere in den sozialen Netzwerken über Vergeltungsmaßnahmen aus. Ein anderes Ex-FDP-Mitglied schreibt bei Facebook, die Stiftung habe intern die Parole ausgegeben, sie müsse „mehr praktische Parteiarbeit leisten, anstatt noch 20 Hayek-Seminare abzuhalten“. Dies sei eine Ankündigung eines Rechtsbruchs, weil die Stiftung eigentlich keine Parteiarbeit leisten darf.

In der FDP ist die Rede vom „großen Reinemachen“. Kalwies warnt nun davor, Lindner suche ein Bündnis mit SPD und Grünen. Erst kürzlich habe er eine neue Finanzsteuer gefordert. „Der will die Partei zu einer gelben SPD machen“, kritisiert Kalwies. Und weiter: „Sollte die FDP diesen Kurs weiterfahren, dann ist das der Weg in den Abgrund.“

Ein Insider aus dem Berliner Thomas-Dehler-Haus mutmaßt, daß radikalliberale Positionen bei der Stiftung nur noch zum Zuge kämen, wenn sie sich „unterhalb der Wahrnehmungsschwelle“ bewegten: „Wäre das Programm ausgewogener gewesen, dann hätte Kalwies es vielleicht durchbringen können.“

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