© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/14 / 11. April 2014

Demographische Debatten: „Volkstod“ keine berührende Frage
Nur Spiegel belangloser Ängste
(wm)

Seit den 1990er Jahren befassen sich Historiker wieder mit dem Thema Bevölkerung, nachdem dieses Forschungsobjekt seinen NS-Nimbus verloren hatte. Allerdings, so stellt der Historiker Paul Nolte (FU Berlin) fest, überlassen sie den Kern demographischer Probleme weiterhin ihren statistisch geschulten sozialwissenschaftlichen Kollegen. Ihre Aufgabe sei es vielmehr, das Zahlengewitter der Statistiker, ihre Bevölkerungspyramiden und „Volkstod“-Warnungen ebenso wie die Diskurse über Zuwanderung und Homogenität als Spiegel „subjektiver Erfahrungen“ zu erkennen. Zwar sei Bevölkerung ein „hartes Faktum“, da Geburtenschwund und Vergreisung politisch-ökonomischen Machtverlust bedeute. Aber Historiker sollten primär „Aufklärung über die Ängste“ leisten, die mit den „angeblich unbestreitbaren Daten“ verknüpft würden (fundiert, 2/2103). Womit der medienaffine Zeitgeistverstärker Nolte das Geschäft des Historikers einmal mehr auf die Legitimierung des Bestehenden verpflichtet. Denn den „idealen Altersmix“ einer Gesellschaft gebe es nicht und das „ethnische Homogenitätsideal“ drücke nur irrelevante Ängste aus. Ob 2113 dann noch Deutsche leben oder sie „längst ausgestorben“ seien, ist für den vom deutschen Steuerzahler finanzierten Professor daher eine so offene wie ihn nicht berührende Frage.

www.fu-berlin.de

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