© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/14 / 11. April 2014

Hilfe für Besserverdiener
Mietpreisbremse: Die Neuauflage des Gesetzes von 1936 wird das Gegenteil von dem erreichen, was geplant war
Susanne Kablitz

Mark Twain behält recht. „Die Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich nur!“ Und einer, der diesen Reim in Perfektion beherrscht, ist Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD), der die bestehenden Regeln zur Deckelung der Mieten durch ein weiteres Instrument erweitern will: die sogenannte Mietpreisbremse.

„Bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen darf die zulässige Miete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent steigen“, heißt es in einem 40seitigen Referentenentwurf seines Ministeriums. Maas bekommt von vielen Mietern Rückendeckung, was aus deren Sicht auch durchaus nachvollziehbar ist.

Nur wenige kennen die Wurzeln dieses Gesetzes. Die meisten Deutschen würden auf den ersten Blick diese charmante Idee mit Sozialdemokraten oder den Grünen als Inkarnation des sozialen Gewissens in Verbindung bringen.

Schuld sind „böse Spekulanten“

Die Idee, Mieten per Gesetz zu bregrenzen, ist keineswegs neu, und sie ist vor allem keine Ausgeburt moderner Sozialingenieure, sondern die Fortsetzung einer der Maßnahmen, mit denen Adolf Hitler sich pünktlich zu seinem Geburtstag am 20. April 1936 ein Denkmal setzen ließ. Mit dem Erlaß der Preisstoppverordnung, die sich eben auch auf den Immobilienmarkt bezog, wurde Punkt 17 des Parteiprogramms wortgetreu umgesetzt.

„Ungerechtfertigte Mieterhöhungen“ sind auch heute wieder ein Anstoß zur Empörung, und selbstverständlich werden der „entartete Kapitalismus“ und „gierige Spekulanten“ für die in guten bis sehr guten Lagen attraktiver Großstädte in der Tat deutlich angezogenen Mieten verantwortlich gemacht. Keine Einschätzung ist falscher als diese.

Die wahren Ursachen der in einzelnen Wohnquartieren enormen Preissteigerungen haben mit den öffentlichen Haushalten zu tun. Ausufernde Staatsausgaben, eine hohe Verschuldung und eine damit verbundene enorme Entwertung des Geldes führten immer wieder dazu, daß Sparer ihr Vermögen in Immobilien umschichteten. Als die Euro-Krise ausbrach, zog der Markt deutlich an. Immobilienanbieter wußten manchmal nicht, wem sie zuerst ein Stück Betongold verkaufen sollten.

Viele Sparer, auch aus dem Ausland, legten ihr Geld in Deutschland vermeintlich sicher an – raus aus dem Euro, rein in die Immobilie – koste sie, was sie wolle. Trotzdem betrifft diese Entwicklung nur einige wenige Wohnungen in sehr guter Lage. Wie der Index des Statistischen Bundesamtes zeigt, sind die Immobilienpreise insgesamt nur moderat gestiegen. Sieben Prozent seit dem Jahr 2000, wobei die Euro-Krise einen kleinen Nachfrageboom ausgelöst hat.

Die seit der Abschaffung der Goldpreisbindung 1971 enorm ausgeweiteten Geldmengen, die auf keinem echten Wert beruhen, und ein Zins, der von Zentralbanken – durch Regierungen dazu legitimiert – permanent verringert wird, haben dazu geführt, daß das Geld seinen Wert verlor. Auch dies ist in der Geschichte beständig wiederholt worden. Ein kontrollierter Geldmarkt führt in andere kontrollierte Märkte – eine andere Folge ist gar nicht möglich.

Dazu kommt die Inflation: Die wahren Inflationsraten werden verschwiegen, zumal Inflation beständig falsch definiert wird. Inflation, also die Ausweitung der Geldmenge, führt zwangsläufig zu Preissteigerungen. Und dies führt dazu, daß Investoren aus diesen staatlichen Eingriffen ihren Vorteil ziehen. Trotz alledem geht die Investition in fremdvermietete Immobilien beständig zurück.

Schon jetzt können Mietverträge durch den Vermieter nicht einfach gekündigt oder angehoben werden. 2013 stiegen die Nettokaltmieten im Durchschnitt um moderate 1,6 Prozent.

Die Mietpreisbremse wird dazu führen, daß noch weniger in Immobilien invetiert wird. Die seit Jahren rückläufige Bautätigkeit kann den steigenden Bedarf in den Metropolregionen nicht decken. Der Preisdruck bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen hält daher an. Die Differenz zwischen den Bestands- und Marktmieten betrage in manchen Städten mehr als 35 Prozent. Spitzenreiter ist laut dem Gesetzesentwurf Regensburg mit 36 Prozent, danach folgen Münster mit 34 Prozent und Heidelberg mit 32 Prozent, berichtet die Passauer Neue Presse.

Ja, Potzblitz, so was! Aber kann diese Entwicklung wirklich wundern? Strengste Regulierung, hanebüchene Auflagen und immer niedrigere Renditeerwartungen lassen nun einmal keinen anderen Schluß zu. Der kaum noch vorhandene „Markt“ soll nun auch noch mit einer Mietpreisbremse beglückt werden. Rund 280 Millionen Euro pro Jahr soll der Mehrwert für die rund vier Millionen betroffenen Mietverträge in Deutschland sein. Rund 70 Euro pro Jahr und Mieter.

Die Interventionsspirale dreht sich munter weiter

Markteingriffe ziehen jedoch immer weitere Markteingriffe nach sich. Vermieter werden Wege finden, den Mietzins zu erhöhen, zum Beispiel indem sie obligatorisch Dinge mitvermieten wie einen Keller oder eine Garage, die dann exorbitant teuer sind.

General Francisco Franco (1892– 1975), der „Caudillo von Gottes Gnaden“, wie er sich nennen ließ, hätte an unseren Plänen seine helle Freude gehabt. So konnte der spanische Mieter nach Ablauf der Vertragslaufzeit immer wieder die Verlängerung des Mietvertrages verlangen, eine faktische Unkündbarkeit war die Folge. Mieterhöhungen waren nahezu unmöglich, so daß bis heute noch Mietverträge bestehen, dem zufolge rund hundert Euro Miete für eine Dreizimmerwohnung zu zahlen sind.

In Österreich etwa gab es bis 1982 so etwas wie einen Mietstopp. Und die Folge? „Wer als Mieter neu an eine Altbauwohnung in Wien kommen wollte, mußte astronomische Ablösegelder fürs Mobiliar zahlen“, so Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der Deutschen Wirtschaft. Für schrottreife Küchen werden dann plötzlich Unsummen verlangt. In Spanien führte der Mietstopp dazu, daß viele Hauseigentümer ihre Wohnungen gar nicht vermieteten, sondern lieber leerstehen ließen und auf Käufer warteten.

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