© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/14 / 11. April 2014

„Ultralinke Jagdgesellschaft“ erfolgreich
FPÖ: Nach verfehlter Wortwahl und Vertrauensverlust bei der Partei tritt Andreas Mölzer als Spitzenkandidat zur EU-Wahl zurück
Curd-Torsten Weick

Die Bombe platzte am frühen Dienstag morgen. Kurz und bündig ließ der freiheitliche österreichische EU-Abgordnete Andreas Mölzer per Presseaussendung verlauten, daß er mit „sofortiger Wirkung“ als Spitzenkandidat auf der FPÖ-Liste für die Wahl zum Europäischen Parlament zurücktrete.

Nicht der „anhaltende Druck der gesamten politisch korrekten Medienlandschaft des Landes“, nicht die „geheuchelte Empörung des politischen Establishments der Republik“, und auch nicht die von der „ultralinken Jagdgesellschaft organisierte Hetze zwecks strafrechtlicher Verfolgung meiner Person“ hätten ihn zu diesem Schritt bewogen, erklärte der Kärntner, sondern der „offensichtliche Vertrauensverlust in meiner Partei“.

Den Stein ins Rollen brachte eine Kolumne der Autoren Lorenz Wagner und Alexander Hagelüken im Süddeutsche-Zeitung-Magazin vom 21. März. Beide hatten am 18. Februar eine Veranstaltung des EU-Politikers zum Thema „Europa“ im Wiener Palais Epstein besucht. Einen Monat später war dann im SZ-Magazin zu lesen: „Die EU, sagt er, sei doch eine Diktatur, dagegen sei ‘das Dritte Reich wahrscheinlich formlos und liberal’ gewesen. ‘Weil es sicher nicht so viele Regeln und Vorschriften, Gebote und Verbote gegeben hat. Die EU, sagt er, müsse sich fragen, ob sie ein ‘Negerkonglomerat’ sei, beherrscht von ‘einer Bande von Lobbyisten’.“

Im Anschluß brach eine Flut von Rücktrittsforderungen über Mölzer herein. Er erklärte daraufhin, daß seine „Wortwahl“ verfehlt und auch nicht so beabsichtigt war. Er bedauerte vor allem, daß der „Versuch, die absurde Regulierungswut der Europäischen Union mittels eines drastischen Bildes anzuprangern, eine völlig mißverständliche und böswillige Deutung durch die politischen Mitbewerber ermöglicht“ habe.

Im Anschluß ließ der FPÖ-Parteivorsitzende Heinz-Christian Strache verlauten, daß „die Sache“ für ihn „gegessen und erledigt“ sei. Kurz darauf erhob die „Pressure Group“ SOS Mitmensch erneut schwere Vorwürfe gegen den FPÖ-Spitzenkandidaten. Man könne „eindeutig belegen, daß Chefredakteur Mölzer vor knapp zwei Jahren unter dem Pseudonym „F. X. Seltsam“ in seiner Zeitung Zur Zeit einen „unappetitlichen rassistischen“ Artikel über den farbigen österreichischen Fußballspieler David Alaba veröffentlicht habe.

Zwar betonte Zur Zeit, daß „F. X. Seltsam“ ein „Wanderpseudonym“ sei, zwar beteuerte Mölzer, die „Satire“ nicht geschrieben zu haben, und nannte Alaba gegenüber der Krone einen „liaba Bua“, doch alles half nichts. SOS-Mitmensch-Autor Michael Köhlmeier startete eine Verhetzungsanzeige, SPÖ, ÖVP und Grüne, selbst Bundespräsident Heinz Fischer forderten den Rücktritt Mölzers. Auch Parteikollegen wie der Vorarlberger FPÖ-Chef Dieter Egger gingen auf Distanz.

Montag dieser Woche mußte der EU-Politiker zum erneuten Rapport bei Strache erscheinen. Stillschweigen bis zur Sitzung des FPÖ-Parteivorstands am Mittwoch sei vereinbart worden, hieß es. Doch nach Mölzers Rücktritt ließ auch die FPÖ-Führung die Katze aus dem Sack. In dem Gespräch, so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, habe Strache „nachdrücklich festgehalten, daß Aussagen wie die von Andreas Mölzer getätigten keinesfalls tragbar und daher auch mit der Kandidatur zu einer so wichtigen Position unvereinbar seien“.

Die FPÖ, so Kickl weiter, „distanziert sich klar von Nationalsozialismus und Rassismus und versteht sich als österreichpatriotische politische Kraft“. Mölzers „überspitzt formulierte Aussagen hätten bedauernswerterweise in der Öffentlichkeit einen anderen Eindruck entstehen lassen“.

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