© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/14 / 11. April 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Allianz fürs Überleben
Christian Dorn

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß. Das Motto aus Goethes „Faust“ hat für die FDP seit dem Ausscheiden aus dem Bundestag im vergangenen Herbst eine nicht gekannte Bedeutung erlangt. Seither wird die von Wolfgang Gerhardt geführte Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zum bevorzugten Zufluchtsort heimatloser FDP-Politiker, ist sie doch längerfristiger finanziert als ein Parlamentssitz. Besonderer Treffpunkt ist daher die von der Stiftung ausgerichtete alljährliche Berliner Rede zur Freiheit im Allianz-Forum am Pariser Platz. Der altbekannte Werbespruch „Eine Allianz fürs (Über-)Leben“ lag damit in der Luft, als vergangene Woche auch der ehemalige Parteivorsitzende Rainer Brüderle und der frühere Generalsekretär Dirk Niebel hier erschienen.

An selber Stelle hatte einst Joachim Gauck seine inoffizielle Bewerbungsrede für das Bundespräsidentenamt gehalten, die noch immer deutlich macht (das Video im Netz belegt es), warum die Begeisterung und die großen Erwartungen, die die Kandidatur des ehemaligen DDR-Pfarrers begleiteten, nicht unbegründet waren. Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. So war diesmal der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte geladen, der am Beispiel seines Landes zeigte, wie eine erfolgreiche liberale Politik aussieht, die sich konsequent an ordnungspolitischen Grundsätzen orientiert. Insofern schien Ruttes Besuch gleichsam eine politische Lehrstunde zu sein. Doch mehr als die lllusion politischer Wirkmächtigkeit war es für das darbende FDP-Publikum nicht.

Bezeichnend für diese Differenz zu den Niederlanden war bereits ein formaler Aspekt: Obgleich die auf deutsch gehaltene Rede Ruttes kurz war und eher an der Oberfläche blieb, war sie doch allein schon aus rhetorischer Sicht eine Leistung, die bezeichnenderweise den Eröffnungsvortrag des Europaparlamentariers Alexander Graf Lambsdorff in den Schatten stellte. Neben etlichen Platitüden gab letzterer auch verlogene Phrasen von sich, wie die von der Verläßlichkeit der EU durch rechtliche Übereinkünfte – Maastricht existiert offenbar nicht. Auch die Attacke gegen die AfD verpuffte, als er die Rentenpläne der Bundesregierung kritisierte – mit fast identischen Worten wie AfD-Sprecher Konrad Adam.

Mit einer trefflichen Spitze gegen die FDP-Politiker, wohl ohne Absicht, hatte Rutte seinen Vortrag eröffnet: „Arbeitslosigkeit ist das größte Problem unserer Zeit – sicher kennen Sie das auch aus Ihrem Umfeld (...) Aber nicht der Staat schafft Arbeitsplätze.“ Um so schlimmer, wenn die Politik nicht mal ihre eigenen Hausaufgaben macht. Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe sei eine Lehrstunde gewesen für die Untätigkeit der deutschen Politik. Doch Ruttes optimistische Botschaft an die Volkswirtschaft wie an die FDP: „Wachstumschancen gibt es reichlich.“ Hierzu zählte Rutte ausdrücklich den Kommunikationsausbau durch mehr Breitbandkabel. Ob die der FDP nützen? Wolfgang Gerhardt jedenfalls war sich sicher. Er schloß mit der Botschaft: „Man muß gegen populistische Positionen standhalten.“

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