© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/14 / 04. April 2014

Der deutsche Bad Boy mit Gangster-Flair
Deutscher Rap: Mit politisch unkorrekten Texten füllt Fler eine Leerstelle
Toni Roidl

Der Berliner Rapper Fler überraschte 2005 mit seinem Debutalbum „Neue Deutsche Welle“, dessen Titelsong viel Aufmerksamkeit fand. Das lag nicht nur an der prägnanten Melodie von Falcos „Amadeus“, sondern vor allem am Text. Fler glorifizierte Schwarz-Rot-Gold, Nationalstolz und deutschsprachige Texte, feierte deutschen Hiphop als neue „Volksmusik“.

Von linken Spießern bekam er dafür reflexhaft das Nazi-Etikett angeheftet. Es ist schon dumm genug, Schwarz-Rot-Gold mit den Nazis zu assoziieren. Vollends bizarr war der Vorwurf aber vor allem angesichts des Umfeldes von Fler, von dem die Spiegel- und Stern-Schreiber freilich keine Ahnung hatten.

Fler wuchs als Patrick Losensky in Berlin-Schöneberg auf. Als Heimkind machte er Schwierigkeiten, geriet in der Sprayerszene mit dem Gesetz in Konflikt und war auf der Straße überwiegend mit Ausländern zusammen – wie mit seinem engen Freund Bushido. Von diesem ermutigt, nahm er selbst das Mikrophon in die Hand.

„Ich bin der erste Deutsche, der die Eier hat“

Die Süddeutsche Zeitung witterte gleich einen „Hiphop von rechts“, als sei dieser nur legitim, wenn er von links käme. Fler erklärte dazu mehrfach öffentlich, in seiner Ausländerclique sei Stolz auf die eigene Herkunft völlig normal. Er wäre als Deutscher von seinen ausländischen Freunden nicht akzeptiert worden, wenn er nicht auch Nationalstolz gezeigt hätte. Nur so sei er von seinen migrantischen Kumpels für voll genommen worden.

Diese simple und plausible Erklärung leuchtete den Journalisten nicht ein. Sie paßte nicht in die anachronistischen Schemata von „Multikulti“ vs. (böser) „Deutschtümelei“. Unbekümmert dieser „Rechtsextrem“-Litanei entwickelte sich Fler neben Bushido, Sido und B-Tight zum vierten Star der Berliner Hiphop-Quadriga und zum Zugpferd des legendären Labels Aggro-Berlin. Mit dem Album „Fremd im eigenen Land“ legte Fler noch eine Schippe Patriotismus drauf und ließ die Nazi-Nörgler wissen: „Die Leute sagen, ich bin Nazi. Mir egal, sagt was ihr wollt; Hauptsache, der Rubel rollt.“

Jetzt veröffentlicht Fler am 9. Mai nach längerer Kreativpause seine „Neue Deutsche Welle 2“. Der Song „Stabiler Deutscher“ sorgt jetzt schon für viel Wirbel – nach dem altbekannten Muster. Bild fragte den 32jährigen im Interview, ob er nun „der Sarrazin der Rapper“ sei. Aufhänger ist die Zeile „Bei mir hängt die Fahne nicht nur zur Fußball-WM“. Ui, wie erschröcklich. Daß Fler im selben Lied auch rappt: „In Berlin bist du farbenblind als Straßenkind“, fällt geflissentlich unter den Tisch.

Musikalisch hat sich Fler deutlich weiterentwickelt. Wo Kollege Sido inhaltlich geradezu altersweise geworden ist, ist Fler der „deutsche Bad Boy“ mit der Gangster-Koketterie geblieben, der „richtig Welle schiebt“. Daß er jetzt mal wieder als „rechts“ gilt, interessiert ihn nicht. Die Medien wollen immer noch nicht recht begreifen, daß deutsche Jungs unter Ausländern, die stolz auf ihre ethnische Herkunft sind, mit verschämter und verdruckster nationaler Selbstkastration kein Ansehen gewinnen.

Letztlich formuliert Fler damit das Integrationsdilemma, daß keinem Ausländer klarzumachen ist, warum er sich in eine Gesellschaft einfügen soll, die sich selbst verachtet. Wer andere integrieren will, braucht erst einmal ein normales Verhältnis zu seiner eigenen Identität. Fler rappt: „Ich bin der erste Deutsche, der die Eier hat. Ich hab’ die alte Leier satt!“ Wir auch.

Fler auf Facebook: https://de-de.facebook.com/flerofficial

Foto: Fler – sein neues Album „Neue Deutsche Welle 2“ kommt im Mai: Songtitel wie „Stabiler Deutscher“ oder „Junge mit Charakter“ wirken als provokantes Signal

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen