© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/14 / 04. April 2014

Von Karthago nach Peru
Über frühe transatlantische Kulturverwandtschaften
Wolfgang Kaufmann

Die Geschichtswissenschaft ist nach wie vor durch erstarrte Denkstrukturen und überholte Lehrsätze gekennzeichnet. Nicht selten werden neue Ideen deshalb heutzutage oft von „Außenseitern“ entwickelt. Ein solcher ist auch der deutsche Kulturwissenschaftler und Dokumentarfilmer Hans Giffhorn, der sich gegen das immer noch übermächtige Dogma von der Unmöglichkeit transatlantischer Kontakte in der Antike wendet.

Für ihn steht fest, daß die gewaltige, an die 2.000 Jahre alte Bergfestung Kuelap im Nordwesten Perus, deren Baumasse immerhin dreimal so groß ist wie die der Cheopspyramide, von europäischen Auswanderern errichtet wurde, welche die mysteriöse Chachapoya-Zivilisation begründeten. Davon zeugten sowohl die zahlreichen und höchst auffälligen kulturellen Parallelen zwischen den Kelten und den Chachapoya als auch die Existenz vieler rothaariger und blonder, sommersprossiger Menschen in der abgelegenen Region um Kuelap. Und tatsächlich haben Gentests mittlerweile ergeben, daß die Vorfahren dieser „Gringuitos“ aus Südwesteuropa gekommen sein müssen.

Auf der Grundlage solcher und weiterer schwer widerlegbarer Fakten entwirft Giffhorn ein Szenario der Entstehung der Chachapoya-Kultur, dessen Plausibilität besticht: Offenbar segelten irgendwann zwischen 146 und 100 v. Chr. keltische Söldner der Karthager auf der Flucht vor den Römern in den Atlantik hinaus und gelangten dann mit Hilfe des Kanarenstroms und des Nordostpassats an die brasilianische Küste. Von dort aus müssen sie aufgrund des feindlichen Verhaltens der Amazonasvölker immer tiefer ins Innere Südamerikas gezogen sein, bis ihre Odyssee schließlich im Bergland von Peru endete. Hiervon zeugen sehr alte Marksteine des Vordringens eines augenscheinlich europäischen Volkes wie die Felsgravuren am Pedra do Inga am Oberlauf des Rio Paraiba, welche überaus stark an keltiberische Schriftzeichen erinnern.

Weitere Forschungen würden mit Sicherheit noch sehr viel mehr Belege für die Richtigkeit von Giffhorns Theorie erbringen, sind aber in Peru dezidiert unerwünscht. Man will dort nämlich keinerlei Zweifel an der Eigenständigkeit der Indianerkulturen des Landes aufkommen lassen.

Hans Giffhorn: Wurde Amerika in der Antike entdeckt? Karthager, Kelten und das Rätsel der Chachapoya. Verlag C. H. Beck, München 2013, 288 Seiten, gebunden, Abbildungen, 18,95 Euro

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