© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/14 / 04. April 2014

Türken strafen Erdogan trotz Skandalen nicht ab
Endstation
Günther Deschner

Fast jeder zweite Türke hat bei der Kommunalwahl die AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gewählt, ungeachtet aller Skandale, den Millionen in Schuhkartons, den Eingriffen in die Justiz, trotz der weltweiten Kritik daran, wie er die Gezi-Demonstranten niederknüppeln ließ oder Internetseiten sperrte, trotz der Korruptionsaffäre, die seit Monaten die Regierung erschüttert. Und zwei Tage vor dem Urnengang tauchten kompromittierende Gesprächsmitschnitte bei Youtube auf, welche die Vermutung nähren, Ankara habe nach einem Vorwand für eine bewaffnete Intervention in Syrien gesucht. Zur Erinnerung: An der Grenze dort sind Bundeswehrsoldaten stationiert.

Als er vor elf Jahren zur Macht kam, wurde geunkt, eine geheime radikal-islamistische Agenda stelle Erdogans größte Verlockung dar. Heute ist klar, daß es ist die Macht an sich ist, die Lust an der Herrschaft, die ihm zu Kopf gestiegen ist. Zug um Zug hat er seine Machtbasis erweitert, seine Leute sitzen im Staatsapparat, in Justiz und Wirtschaft, das Militär ist kastriert. Seinen politischen Gegnern drohte er, sie würden nun den Preis bezahlen ...

Erdogan wird das Bonmot zugeschrieben, Demokratie sei wie ein Zug: wenn der im Bahnhof angekommen sei, könne man auch aussteigen. Hat das Vehikel Demokratie also aus Erdogans Sicht die Endstation erreicht?

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