© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Umwelt
Pollack in Lachsoptik
Heiko Urbanzyk

Was erwartet ein Durchschnittsverbraucher, wenn er einen „Alaska-Seelachs“ kauft? Seelachs! Und wieviel Seelachs ist tatsächlich in der Dose? „0,0 Gramm“, kritisiert die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch („die Essensretter“). Statt dessen finde sich darin der billigere Fisch Pollack, der mit Farbstoffen rosa eingefärbt werde.

Die Verkehrsbezeichnung für Lebensmittel ist eine echte nationale Entscheidung.

Foodwatch fordert das Ende derartiger Verbrauchertäuschungen. Diese sind ganz legal; denn die beim Bundesernährungsministerium angesiedelte „Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission“ (DLMBK) legt solche Bezeichnungen für Lebensmittel offiziell fest. Ihr verdankt es der Kunde, daß es Kirschtee zu kaufen gibt, ohne daß eine einzige Faser Kirsche im Teebeutel steckt, Zitronensaft ohne einen Tropfen Zitrone, und auch die Kalbfleisch-Leberwurst kommt mit 15 Prozent Kalbfleischanteil aus. Die DLMBK legt diese Verkehrsbezeichnungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit und angeblich „unter Berücksichtigung der Erwartung der Durchschnittsverbraucher“ fest. Daß letzterer aber in Kirschtee keinerlei Kirschen vermutet, wird nicht nur bei Foodwatch zu Recht bezweifelt.

Man könnte mit dem mündigen Verbraucher dagegenargumentieren, der wissen muß, was er kauft und was nicht. Doch wenn der Verbraucher in Alaska-Seelachs sowieso keinen Seelachs erwartet, warum wird er nicht gleich „gefärbter Pollack in Lachsoptik“ genannt? Wir werden manipuliert! Faktisch treffen wir unsere Kaufentscheidung innerhalb weniger Sekunden, und zwar vor allem aufgrund äußerer Reize.

Die Verkehrsbezeichnung für Lebensmittel ist eine echte nationale Entscheidung, die keinerlei EU-Vorgaben unterliegt. Angesichts einer anstehenden Evaluation zur DLMBK sieht Foodwatch die Zeit gekommen, die Kommission mit ihren geheimen Sitzungsprotokollen abzuschaffen. Nur zu!

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