© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Marine-blaue Erfolgswelle
Kommunalwahl Frankreich: Zuwächse des Front National lassen bei Sozialisten die Alarmglocken schrillen / Anti-FN-Koalitionen
Friedrich-Thorsten Müller

Die in Frankreich grassierende Unzufriedenheit mit der Politik hat im ersten Wahlgang der Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag erwartungsgemäß zu einer Abstrafung der regierenden Sozialisten geführt. Während konservative Listen landesweit auf 46,5 Prozent der Stimmen kamen, mußten sich der linken Regierung Präsident François Hollandes nahestehende Gruppierungen mit 37,7 Prozent der Stimmen zufriedengeben.

Wenig überraschend war vor dem Hintergrund einer niedrigen Wahlbeteiligung von nur 64,1 Prozent auch der Erfolg des Front National, der im Landesdurchschnitt mit 4,7 Prozent der Stimmen sein Kommunalwahlergebnis verfünffachen konnte. Da nicht einmal ein Drittel der Franzosen Kandidaten des FN auf ihrem Wahlzettel fand, bedeutet dies tatsächliche Ergebnisse von 10 bis 30 Prozent für Marine Le Pens „marine-blaue Sammlungsbewegung“.

Der Paukenschlag des Abends war dabei der Sieg des FN-Generalsekretärs Steeve Briois in der 26.000-Einwohner-Stadt Hénin-Beaumont, nahe der belgischen Grenze. Er konnte sich schon im ersten Wahlgang, bei dem noch die absolute Mehrheit erforderlich ist, mit 50,3 Prozent der Stimmen durchsetzen.

Auch in vielen größeren Städten konnte der FN sehr gute Ergebnisse einfahren. In Perpignan nahe der spanischen Grenze erreichte der FN-Vizechef Louis Aliot 34,2 Prozent der Stimmen und verwies damit den amtierenden UMP-Bürgermeister mit 30,6 Prozent auf Platz zwei. In Forbach erreichte ein weiterer zweiter FN-Vorsitzender – Florian Philippot (JF 13/14) – 35,7 Prozent und ließ damit ebenfalls einen amtierenden Bürgermeister (33 Prozent) hinter sich. In Béziers konnte der FN 44,7, in Saint-Gilles 42,6 und in Fréjus 40,3 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Insgesamt sind es 17 Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern und sieben kleinere, in denen der FN den ersten Platz belegte. Darüber hinaus hat sich der FN in 315 Kommunen mit den notwendigen mindestens zehn Prozent der Stimmen für den zweiten Wahlgang qualifiziert.

Ende der Zweiparteienherrschaft

Wie viele Bürgermeisterposten der FN mit dieser Ausgangsposition im zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag tatsächlich gewinnen kann, ist unklar. Dies hängt maßgeblich davon ab, wie viele der theoretischen Dreier- und Vierer-Konstellationen in Gemeinden, in denen der FN im ersten Wahlgang führend war, beibehalten werden. Traditionell hatten in der Vergangenheit in solchen Gemeinden drittplazierte Listen im Rahmen der „Republikanischen Front gegen die Rechtsextremen“ ihre Kandidatur zurückgezogen. Der UMP-Vorsitzende Jean-François Copé bekräftigt aber, an der neuen „Weder-noch-Strategie“ der letzten Wahlen festhalten zu wollen, das heißt weder mit der Linken noch mit dem FN kooperieren zu wollen.

Gleichzeitig bringen die Sozialisten eine verzweifelte neue Variante der Blockade des FN ins Spiel: Wie der Sprecher der Partei, David Assouline, am Montag erklärte, will man unterlegenen Listen des ersten Wahlgangs eine Aufstellung im Namen der Partei für den zweiten Wahlgang verweigern, wenn das Risiko eines FN-Siegs bestehe. So dürften vermutlich auch ohne Kooperation der Bürgerlichen einige der real möglichen 15 FN-Bürgermeister verhindert werden.

Dies ändert aber nichts an der Einschätzung Marine Le Pens, die am Wahlabend das „Ende der Zweiparteien-herrschaft in Frankreich“ ausgerufen hat und Steuersenkungen in allen vom FN gewonnenen Gemeinden ankündigte.

Kommentar Seite 2

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