© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Gunnar Schupelius. Der Hauptstadtjournalist wird Opfer von Gewalt
Klartext statt Backrezepte
Ronald Berthold

Es gibt Menschen, die eine intellektuelle Aura verbreiten. Gunnar Schupelius verfügt über diese Ausstrahlung und mischt sie mit gesundem Menschenverstand, den er in Diskussionen neben seiner Intellektualität aufblitzen läßt. Dem Berliner Journalisten sind linksgrüne Wolkenkuckucksheime ein Graus. Als Vertreter der schweigenden Mehrheit hat er sich in seiner Heimatstadt einen Namen gemacht. Seine Kolumnen in Berlins größter Boulevardzeitung B.Z. „Der gerechte Zorn des Gunnar Schupelius“ sind kultiger Höhepunkt eines ansonsten biederen Hauptstadtjournalismus.

Daß der 50jährige gegen den Strich bürstet, macht ihn bei den Lesern beliebt, aber zum Feindbild vieler Kollegen sowie der linken Szene. Diese ging nun mit Gewalt gegen das Mitglied der B.Z.-Chefredaktion vor. Vergangene Woche setzte sie seinen Mini Cooper in Brand und feierte die Tat im Internet. Die Bekenner, die sich „AG Pressefreiheit“ nennen, werfen Schupelius vor, die Räumung des seit rund einem Jahr geduldeten Flüchtlingslagers auf dem Kreuzberger Oranienplatz gefordert zu haben (JF berichtete mehrfach). Grundsätzlich schüre der Kolumnist „die Angst dumpfdeutscher Bürger vor ‘Überfremdung’, Schmutz und Kriminalität“. Damit gebe es genug Gründe, „Gunnar das Leben schwerzumachen“ und ihn in Form „antifaschistischer Notwehr“ anzugreifen. Sollte er in Zukunft nicht lieber „Backrezepte“ schreiben, werde das „Gegenfeuer“ weitergehen. Ein Kommentator des Bekennerschreibens bedauerte, daß Schupelius nicht im Auto saß, während es abbrannte.

Obwohl ein führender Hauptstadt-Journalist Opfer einer Gewaltattacke wurde, blieb der Brandanschlag in den Berliner Medien nicht mehr als eine Randnotiz. Empörung oder Aufschrei? Fehlanzeige.

Sozialisiert wurde der gebürtige West-Berliner in der linksradikalen Alternativen Liste, gehörte dort zum patriotischen Flügel. Zum 18. März fuhr er alljährlich mit politischen Freunden in den Ostsektor der Stadt, um schwarzrotgoldene Kränze an den Gräbern der Gefallenen der 1848er-Revolution niederzulegen, die die Stasi schnell wieder entfernte. Die sozialistischen Verbrechen und deren Verharmlosung machten aus Schupelius einen Antikommunisten.

Mit den von ihm gewählten Themen hat er von Anfang an versucht, journalistisch eine Lücke zu füllen, die der Zeitgeist hinterlassen hat. Nach seiner Ausbildung bei Springer ging er zunächst zu Bild. Später wurde er unter Georg Gafron Chefredakteur des konservativen Berliner Radiosenders „Hundert,6“, Leiter der Hauptstadtredaktionen von Welt am Sonntag sowie für eine kurze Zeit – und zwischen seinen B.Z.-Engagements – von Focus.

Wer ihn kennt, weiß, daß sich der kluge Kopf publizistisch nicht kastrieren lassen wird. Backrezepte? Nicht mit Schupelius.

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