© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/14 / 21. März 2014

Weiß-blaue Wechselspiele
Bayern: Bei der Kommunalwahl verliert die CSU in den Städten erneut, während die SPD weiter Boden gutmachen kann
Thorsten Brückner

In Bayern nennt man so was eine „Watschn“. Gerade vier Großstädte im Freistaat werden derzeit noch von CSU-Oberbürgermeistern regiert. Nach dem Urnengang vom Sonntag deuten sich weitere Verluste von Rathaussesseln für die Christsozialen an. In Regensburg fehlten dem SPD-Bewerber nur 18 Stimmen zur absoluten Mehrheit. Daß Joachim Wolbergs nach der Stichwahl in zwei Wochen die Nachfolge von Hans Schaidinger (CSU) antreten wird, gilt als sicher. Zu zerstritten hatte sich die CSU in den vergangenen Jahren in der Domstadt präsentiert.

Auch in Erlangen, der letzten CSU-Bastion in Mittelfranken, sehen CSU-Wahlkämpfer vor der Stichwahl bereits schwarz. Zwar gewann ihr Kandidat Siegfried Balleis die erste Runde mit etwas mehr als 39 Prozent. Mit nur zwei Prozentpunkten Rückstand sitzt ihm SPD-Bewerber Florian Janik aber dicht im Nacken. Daß es zu einem Wechsel in der Siemensstadt kommt, ist aber noch keineswegs ausgemacht: Viel wird davon abhängen, wie sich die Wähler der unterlegenen FDP-Kandidatin Elisabeth Preuß, die fast neun Prozent der Stimmen bekam, verhalten werden.

In Nürnberg bleibt alles beim alten. Nur knapp verfehlte Amtsinhaber Ulrich Maly das beste Ergebnis, das je ein Oberbürgermeister in Nürnberg erhalten hat. 67 Prozent stimmten für den Präsidenten des Deutschen Städtetags. Desaströs war der Einbruch der CSU in der Frankenmetropole sowohl bei der Oberbürgermeister- als auch bei der Stadtratswahl. Auch in Bamberg, einer früheren CSU-Hochburg, mußte die Partei nach 2008 weitere Verluste verkraften und bleibt nur noch knapp stärkste Fraktion. Anders dagegen in Würzburg, wo alles danach aussieht, als ob sich CSU-Kandidat Christian Schuchardt gegen den SPD-Bewerber Muchtar Al Ghusain wird durchsetzen können.

In der Landeshauptstadt München wird die SPD wohl auch nach der Stichwahl weiter den Oberbürgermeister stellen. Niemand rechnet nach seinen 36,6 Prozent vom Sonntag mit einem Überraschungserfolg von Josef Schmid (CSU). Dieter Reiter kann neben den 40,5 Prozent der Wähler, die ihm schon im ersten Wahlgang das Vertrauen schenkten, noch auf weitere Stimmen der Grünen hoffen, die im Stadtrat mit der SPD seit über 23 Jahren das längste rot-grüne Bündnis in Deutschland gebildet hatten.

Die grüne Kandidatin Sabine Nallinger erhielt aus dem Stand 14,7 Prozent. Ob sie für die Stichwahl eine offizielle Wahlempfehlung für Reiter abgeben wird, entscheidet eine Stadtversammlung der Grünen am Donnerstag. Eine Zustimmung gilt aber als sehr wahrscheinlich.

Mit gemischten Gefühlen blickt die Alternative für Deutschland (AfD) auf ihre erste Kommunalwahlteilnahme im Freistaat. Einem schwachen Abschneiden in der Landeshauptstadt (2,5 Prozent) und im oberfränkischen Forchheim (1,5 Prozent) stehen gute 3,85 Prozent in Ebersberg und 5,5 Prozent in Vaterstetten gegenüber. Für eine Überraschung sorgte die Partei in Augsburg. In der Fuggerstadt stellt die Alternative mit 6,4 Prozent künftig vier Stadträte. Vor diesem Hintergrund schmerzt die Partei das schwache Abschneiden in München um so mehr. Hierfür verantwortlich gemacht wird ein mangelhafter Wahlkampf um den OB-Kandidaten und Landesvorsitzenden der AfD, André Wächter.

Die Bayernpartei konnte ihr Stadtratsmandat in München verteidigen und sich in zahlreichen, vor allem oberbayerischen Kommunen oft erheblich steigern. Ohne Chance blieb dagen Michael Stürzenberger von der Partei „Die Freiheit“. Sie erhielt in München nur 0,6 Prozent und wird wohl nicht in den Stadtrat einziehen. Groß auftrumpfen konnten die Freien Wähler in den ländlichen Kommunen. Im Landkreis Regensburg schaffte es Tanja Schweiger, die Frau von FW-Chef Hubert Aiwanger nicht nur in die Stichwahl für das Landratsamt, sondern verwies CSU-Kontrahent Peter Aumer auf den zweiten Platz. In zwei Wochen hat Schweiger die klar besseren Aussichten. Bisher sitzen Politiker der FW in 14 der 71 Landratssessel. Vor allem in Freising, Garmisch-Partenkirchen und Miesbach rechnet sich die Wählervereinigung Chancen für die Stichwahl aus.

Miesbach? Da war doch was. Der dortige Landrat Jakob Kreidl, der in die Kritik geraten war, als er sich seinen 60. Geburtstag von der örtlichen Kreissparkasse hatte finanzieren lassen, wurde mit 16 Prozent abgewählt. Bereits zuvor hatte er erklärt, selbst im Falle seiner Wahl das Amt nicht antreten zu wollen. Freie Wähler gegen Grüne lautet in dem oberbayerischen Landkreis am 30. März das Rennen.

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