© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Der neue Tugendterror“, JF 10/14

Tagtägliche Propaganda

Sarrazins These, wir seien zunehmend einem „Tugendterror“ ausgesetzt, sprich: einer ideologischen Indoktrination auf der Grundlage quasireligiöser Dogmen (Sarrazin spricht von unhinterfragten „Axiomen“), ist nicht von der Hand zu weisen. In der Tat betreiben vor allem die öffentlich-rechtlichen Medien eine tagtägliche Propaganda im Sinne des von Sarrazin kritisierten „Gleichheitswahns“, also einer Art Säkularreligion umfassender Gleichheit. Differenzierung heißt in dieser Ideologie „Diskriminierung“.

Natürlich verletzt Sarrazins Kritik – „la vérité blesse“, sagen die Franzosen – und entsprechend reagieren die Medien. Sie verweigern sich einer ernsthaften inhaltlichen Auseinandersetzung. Damit bestätigen sie nur ihr Vorurteil, wenn sie statt über Inhalte lieber über Sarrazin und seine mutmaßlichen „Motivationen“ spekulieren oder auch nur über seine angeblich „schlechte Laune“ wie die Zeit-Redakteurin Mariam Lau (24. Februar, TV-Sendung „Phoenix vor Ort“).

In dem von Sarrazin so bezeichneten „Tugendterror“ sehe ich die beredte Illustration dessen, was schon Chesterton ansprach, als er sagte, daß mit dem Verlust der Religion nicht nur die Laster ins Kraut schießen, sondern auch die Tugenden in ungeahnte Höhen aufsteigen – und um so größeres Unheil anrichten, je mehr sie sich von ihren christlichen Wurzeln lösen und von der Wahrheit entfernen. So überhöht die moderne Gleichheitsideologie die urchristliche Lehre von der gleichen Würde aller Menschen. Das Unheil, das sie in ihrer verlogenen Realitätsverweigerung anrichtet, ist zwangsläufig permanentes Leid.

Dr. Steffen Hein, Bad Aibling

 

 

Zu: „‘Sarrazin ist gefährlich’“, im Gespräch mit Frank Böckelmann, JF 10/14

Angst essen Beitragsservice auf

Gefährlich ist die Wahrheit nur für die, die sie bekämpfen. Wieviel Angst vor der Wahrheit müssen die Verantwortlichen des öffentlich-rechtlichen Senders ARD haben, wenn sie Sarrazin die Vorstellung seines neuen Buches kurzfristig versagen?

Dr. Ulrich Röhr, Hamburg

 

 

Zu: „‘Bombengate’ löst Richtungsstreit aus“ von Henning Hoffgaard, JF 10/14

Bleibt uns eine andere Wahl?

Wenn man sich das Bild der Piraten-Politikerin Anna Helm anschaut, dann kann man sich doch nur fragen: Wie krank im Kopf muß diese Frau sein?

Mit dieser abartigen und abstoßenden politischen Demonstration hat sie ein klares Signal ausgesandt, welcher Partei man bei den nächsten Wahlen auf keinen Fall seine Stimme geben sollte, wenn Parteien derartige Mitglieder nicht aus ihren Reihen ausschließen. Die Frau beleidigt und verhöhnt damit all die Opfer des Bombenterrors, der über Deutschland hereinbrach. Die Politik der Bundesrepublik und die Aussagen der deutschen Politiker zu diesen Massenmorden ist schon erbärmlich genug, aber wir haben diese „Volksvertreter“ ja gewählt.

Volker Krause, Arnsberg

 

Verachtung tut es auch

Mein inzwischen verstorbener Vater ist am 14. Februar 1945 als Zwölfjähriger in Dresden mit knapper Not dem Massenmord der Alliierten entgangen. Er hat sein Leben lang unter dem Eindruck dieses furchtbaren Ereignisses leiden müssen. Dennoch: Bestimmte Personen (wie zum Beispiel Frau Orosz oder die „Femen“-Aktivistin) können mich als Angehöriger eines Kriegsopfers persönlich nicht treffen, so etwas verachte ich einfach. Sie haben sich charakterlich hinreichend „geoutet“.

Fritz Werner, Verden-Borstel

 

 

Zu: „Gedenken als Farce / Die schrille Hilflosigkeit“ von Dieter Stein, JF 9/14

Britisches Schuldbewußtsein

Zu Ihrem trefflichen Kommentar hier eine kleine Ergänzung zu den Versuchen, dem Feuersturm von Dresden den Anschein der Rechtmäßigkeit zu geben:

Als im Sommer 1945 in London über das Statut für die geplanten Kriegsverbrecherprozesse beraten wurde, sollten zunächst Flächenbombardements als Kriegsverbrechen verfolgt werden. Die Idee wurde aber nicht weiterverfolgt, weil – wie der US-Chefankläger Robert H. Jackson später schrieb – „dieses Thema einer Aufforderung zur Erhebung von Gegenvorwürfen gleichgekommen (wäre), die in dem Prozeß nicht nützlich gewesen wären.“ (J. Heydecker / J.Leeb, „Der Nürnberger Prozess: Bilanz der tausend Jahre“, München 1975, Seite 90 f.).

Die Alliierten selbst betrachteten also Terrorangriffe prinzipiell als Kriegsverbrechen. Nur die Dresdner Oberbürgermeisterin scheint sie für himmlische Gerechtigkeit zu halten.

Dr. Heinz Nawratil, Friedberg/Bayern

 

Unerträgliche Politisierung

Die Trauer um die Zehntausende von Opfern anläßlich der Bombardierung der Stadt Dresden vom 13. bis 15. Februar 1945 durch die Alliierten hat inzwischen eine Politisierung angenommen, die unerträglich ist. Es wäre gut, wenn das Stadtoberhaupt eine Position einnehmen könnte, die nicht polarisiert, sondern die Trauernden zusammenführt.

Felix Vogt-Gruber, Gundelfingen

 

Sirenen als Kindheitstrauma

Ich bin Jahrgang 1938 und habe die Zerstörung der Leipziger Innenstadt am 4. Dezember 1943 mit fünfeinhalb Jahren in einem verschütteten Keller überlebt. Es ist mir bewußt, daß das Inferno von Dresden Dimensionen schlimmer war, trotzdem trage ich dieses Kindheits­trauma bis heute. Schon der Ton einer Sirene bringt mich zum Zittern.

Wenn jemand wie Dresdens Oberbürgermeisterin den entsetzlichen Dresdner Massenmord rechtfertigt mit dem Begriff der „schuldigen Stadt Dresden“, wirft dies ein bezeichnendes Licht auf die deutsche Gedenkkultur, und die Zornesadern schwellen. Wenn ein Dichter sagt: „Ein Volk ist soviel wert, wie es seine Toten ehrt“, dann hat unsere Kultur wohl wesentlich an Substanz verloren. Es ist beschämend – und mir unbegreiflich, wie Frau Orosz mit dieser perfiden, von Selbsthaß sprechenden Sichtweise eines der größten alliierten Kriegsverbrechen vor aller Öffentlichkeit rechtfertigen kann.

Klaus Grünert, Bad Schmiedeberg

 

Verrat an unserem Vaterland

Sowohl die Aussage der CDU-Oberbürgermeisterin aus Dresden, Frau Orosz, zum Jahrestag der Zerstörung von Dresden (es wäre keine unschuldige Stadt) wie die Aussage einer linksextremen Aktivistin und Nachwuchspolitikerin („Thanks Bomber Harris“) zeugen vom Verlust geschichtlicher Kenntnisse und lassen einen fragen: Sind die genannten überhaupt Deutsche? Schließlich war der Krieg fast vorbei, die Engländer entleerten ihre Bomber, und unschuldige Menschen, Frauen und Kinder, kamen ums Leben.

Es ist unfaßbar, daß unsere politische Klasse so eine Einstellung zu unserem Land hat. Mir ist nicht bewußt, daß Politiker anderer Nationen so eine beschämende Äußerung von sich geben würden oder es getan haben. Es ist Verrat an unserem Vaterland! Wie äußerte sich einst Claudia Roth: Deutschland kenne sie nicht, nur Europa.

Dieter Schiemann, Donaueschingen

 

Wehe denen, die uns schmähen

Heute vor 69 Jahren, am 23. Februar 1945, befand ich mich in der Flammenhölle von Pforzheim, die über 17.500 Menschenleben tötete. Mein Vater hatte uns damals gerettet. Aber wir sind ja angeblich alle selbst daran schuld gewesen. Wehe denen, die unser Volk so verunglimpfen!

Jürgen Feucht, Filderstadt

 

 

Zu: „Taktische Spielchen an der Frauenkirche“ von Paul Leonhard, JF 9/14

Dumm oder böswillig? Beides!

In diesem Beitrag über die Gedenkveranstaltung in Dresden vom 13. Februar heißt es, die Oberbürgermeisterin Helma Orosz habe über „ihre“ Stadt geäußert, daß die erfolgte Bombardierung keine „unschuldige Stadt“ getroffen habe. Sie sollte es besser wissen. Wenn Frau Orosz druch die „Gnade der späten Geburt“ (Helmut Kohl) nicht dabeisein mußte, soll sie sich glücklich schätzen. Für den Posten der Oberbürgermeisterin erscheint sie mit solchem „Meinungsmulm“ (Heinrich Böll) vollkommen ungeeignet.

Weiter berichtet Ihr Autor von einer „barbusigen“ Frau à la Femen mit der Aufschrift „Thanks Bomber Harris“. Die Potenz der Geschmacklosigkeit ist hier weit überschritten. Feige ist diese Frau – die Piratenpolitikerin Anne Helm – dann auch noch, indem sie ihr Gesicht hinter Schal und Mütze versteckt. Schade, daß sich niemand gefunden hat, der sie übers Knie gelegt hat. Dabei dürfte hier ein Straftatbestand in der Verhöhnung von Opfern vorliegen. „Nur“ dumm oder böswillig? Wahrscheinlich beides. Dafür gibt es keine Entschuldigung!

Eberhard von Graevemeyer, Wiesenburg/Mark

 

Dresden bleibt ein Alptraum

Ich habe als Kind den Feuersturm der brennenden Stadt gesehen. Aus dem Sudetenland vertrieben, fuhren wir danach mit Viehwaggons durch die zerstörte Stadt beziehungsweise das, was von Dresden noch übrig war.

Ich bin froh, daß es die JF gibt, obwohl ich mich sehr geärgert habe über ein Bild in einer ihrer letzten Ausgaben. Es zeigt eine Szene aus einem Film über die Vertreibung. Aber so war es nicht! Keine Männer mit Hut und Mantel über dem Arm! Die waren in Gefangenschaft oder gefallen! Wir waren Frauen, Kinder, alte kranke Menschen mit Handwagen und Rucksack – es war eine schreckliche Tragödie – und die tschechischen Soldaten haben gelacht über unsere Angst und unsere Tränen.

Ich bin fast achtzig Jahre alt, aber dieser Alptraum ist immer präsent.

Gerlinde Führlich, Wächtersbach

 

 

Zu: „Lächelnde Blondinen“ von Thomas Fasbender, JF 9/14

In Rußland gestohlen

Einem Fernsehbericht nach wurden für die Baumaßnahmen in Sotschi viele kleine Leute aus ihren Häusern geworfen, in eine ungewisse Zukunft; die Anlagen und Hotels seien großenteils von regierungstreuen Oligarchen finanziert worden, die sich dafür später eine luxuriöse Urlaubslandschaft hinklotzten; die Arbeiter seien in großem Stil um ihre Löhne betrogen worden. Dem Lokalteil der Zeitung hier entnehme ich zudem, wie einem mittelständischen Kranbauer aus Stromberg im Hunsrück mehrere große Kräne im Wert von einigen Millionen Euro in Sotschi verschwunden sind; nicht mehr auffindbar, nicht bezahlt. Ein ordentliches Land ist dieses Rußland nicht.

Wolfgang Richter, Staudernheim

 

 

Zu: Die Eine-Milliarde-Euro-Frage“ von Ronald Gläser, JF 9/14

Als wäre die Gebühr gottgegeben

Die Reduzierung der Rundfunkgebühr könnte erheblich höher ausfallen. Die Mitglieder zur Ermittlung des Finanzbedarfs tun so, als seien Anzahl und Strukturen der Sender, deren Personalumfang und -dotierung, Programmumfang und -inhalt gottgegeben und deshalb nicht veränderbar und geringere Einnahmen ausgeschlossen. Dabei könnte an vielen Stellen massiv eingespart werden: bei der Zahl der vielen Beschäftigten der Sendeanstalten und deren vergleichsweise hohen Gehältern, bei den überteuerten Sportübertragungsrechten oder bei den kostenintensiven, zumeist unergiebigen Gesprächsrunden. Doch wir zahlen weiterhin für ein zunehmend sinkendes, bestenfalls mittelmäßiges Niveau der Programminhalte.

Henning Sachs, Kiel-Holtenau

 

 

Zu: „Von Heuchlern regiert“ von Michael Paulwitz, JF 9/14

Staatsanwaltschaft und Staat

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat sich gesetzeskonform verhalten. Anders dürfte es sich bei der Staatsanwaltschaft verhalten, die in einer öffentlichen Pressekonferenz Mitteilung über das Verfahren machte, obgleich zu dieser Zeit keine Beweise für ein rechtswidriges Verhalten der Angeschuldigten vorlagen, wie die Staatsanwaltschaft dabei selbst einräumen mußte. In diesem Zusammenhang, der komplizenartigen Zusammenarbeit von Politik und Justiz, kann nicht deutlich genug darauf hingewiesen werden, daß die Staatsanwaltschaften gemäß Paragraph 146 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) an die dienstlichen Anweisungen ihrer Vorgesetzten, also letztendlich des Justizministers gebunden sind.

Dr. Oswald Scheibe, Wuppertal

 

 

Zu: „Gegessen wird immer“ von Christian Baumann, JF 5/14

Kleinere Betriebe benachteiligt

Ihr Beitrag zur Grünen Woche verschweigt die unverantwortliche Benachteiligung unserer bäuerlichen Familienbetriebe in ganz Deutschland – Ost und West. Sie erwähnen die angeblich so guten Erträge der Großbetriebe/Agrargenossenschaften in Mitteldeutschland, ohne dabei auf die ungerechte Subventionierung dieser Unternehmen einzugehen.

Diese Betriebe mit 1.000 bis 2.000 Hektar erhalten pro Hektar unter anderem rund 300 Euro Subventionen von der EU. Mit diesen Direktzahlungen von 300.000 bis 600.000 Euro decken sie ihre gesamten Personalkosten. Aufgrund des geringen Viehbestandes dieser Betriebe – viele ganz ohne Milchvieh – können diese gut von ihren Subventionen leben. Unsere Familienbetriebe dagegen mit etwa 100 Hektar, mit 100 bis 150 Großvieheinheiten (Kühen) erhalten bei entsprechendem Arbeitskräftebesatz nur ein Drittel, oft weniger als ein Fünftel EU-Direktzahlungen je Arbeitskraft als die Agrargenossenschaften in Mitteldeutschland. Die Folgen sind bedenklich. Natur und Umweltschutz, Landschaftspflege sowie Bodenfruchtbarkeit haben daher in Mitteldeutschland schon ganz erheblich gelitten.

Dr. Werner Kuchs, Rechtsbeistand, Kirchheim unter Teck

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