© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Fernwirkungen Victor Hehns: Mit Griechenland gegen die Amerikanisierung
Antike Ideale und Modernekritik
(wm)

Wie der Ostpreuße Ferdinand Gregorovius (1821–1891), der „Geschichtsschreiber Roms“, zählt der deutschbaltische Kulturhistoriker Victor Hehn (1813–1890) aus Dorpat zu den großen Gelehrten des 19. Jahrhunderts, die außerhalb des akademischen Betriebs standen. Trotzdem blieb ihnen die Anerkennung von Fachwelt und Laienpublikum nicht versagt. Allein Hehns Hauptwerk über „Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergang aus Asien nach Griechenland und Italien sowie in das übrige Europa“ (1870) erlebte bis 1911 acht Auflagen. In seinem erst jetzt gedruckten Referat, gehalten 2005 auf einer Hehn gewidmeten Tagung in Riga, weist Michael Fleck dessen Einflüsse sogar auf den nach 1918 aufblühenden „Dritten Humanismus“ nach (Archiv für Kulturgeschichte, 2/2013). Bindeglieder zwischen Hehns Antike-Bild und den nach einer neuen „Wertordnung“ verlangenden Altertumswissenschaftlern der Weimarer Republik seien der wachsende Kulturpessimismus und die Modernekritik gewesen. Wie Hehn habe der Kreis um den 1936 in die USA emigrierten Berliner Gräzisten Werner Jaeger in der Rückbesinnung auf das griechische Menschenideal ein Heilmittel gesehen, um die „Amerikanisierung“ und die Überwältigung Europas durch die „neu einströmende Flut der Fremdkulturen“ einzudämmen.

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