© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Blick in die Medien
Einschaltquoten: Den Knopf drücken
Toni Roidl

Der Adenauer-Slogan „Keine Experimente“ gilt heute besonders für die Öffentlich-Rechtlichen. Deutsche Produzenten experimentieren nicht. Sie verlassen sich auf Bewährtes, geben neuen Ansätzen keinen Raum, sich zu entwickeln. Das Korsett, das die Kreativität erstickt, heißt: Quote. Dieser Wert zur Messung der Zuschauergunst bestimmt, was im Fernsehen läuft.

Für die Sender ist die Quote außerdem das schönste Abwehrmittel gegen jede Kritik. Wenn das Publikum den Fernsehmachern ihre langweiligen Wachkoma-Sendungen vorhält, verweisen sie stets auf den angeblichen Zuschauerwillen, den die Quote abbildet. So dominiert Quantität die Qualität.

Teilnehmer mit nicht- digitalen Fernsehgeräten sind von der Teleskopie ausgeschlossen

Dabei ist das System nicht gerade genau: Für die Teleskopie wird eine Panelgruppe aus rund fünftausend Personen gebildet. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stattet diese Haushalte mit einem Zusatzgerät aus. Wer den Fernseher einschaltet (oder sich dazugesellt), muß seinen Namen im Gerät registrieren.

Natürlich ist es möglich, für Sendungen, die man besonders mag oder vor dem Absetzen retten will, die Zahl der Zuschauer willkürlich zu erhöhen. Jemand kann auch das Knöpfchen des Meßgerätes drücken und den Fernseher einfach so laufen lassen. Teilnehmer mit veralteten nichtdigitalen Fernsehgeräten sind von der Teleskopie ausgeschlossen, weil ihre Apparate nicht mit den Meßgeräten kompatibel sind.

Wirklich aussagekräftig ist die Quote also nicht. Daher werden Kritiker nicht müde, über das System zu schimpfen. Zuletzt kam der Protest sogar von höchster Stelle: Bundestagspräsident Lammert protestierte gegen die Quotengläubigkeit von ARD und ZDF – allerdings in einem völlig anderen Sinn. Lammert zitierte Claus Kleber (ZDF), der meint, „die Medien sollten nicht nur fragen, was die Leute sehen wollen, sondern auch, was sie sehen sollen“.

Genau das, ein volkserzieherisches Staatsfernsehen, brauchen wir noch weniger als die Quote.

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