© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Peiner Träger brechen ein
Krise der deutschen Stahlindustrie: Die Salzgitter AG macht im dritten Jahr in Folge Verluste
Christian Schreiber

Wenn die Zahlen, die die Salzgitter AG in der vergangenen Woche vorlegte, eines bestätigten, dann das: Die Stahlkrise ist längst nicht ausgestanden. Deutschlands zweitgrößter Stahlhersteller steuert auf sein drittes Verlustjahr in Folge zu. Das Jahr 2013 verlief tief in der Verlustzone, und auch für das laufende Jahr besteht keine Aussicht auf eine durchgreifende Änderung. Immerhin: Die Salzgitter AG ist zumindest derzeit noch guter Hoffnung, daß das Ergebnis vor Steuern im Jahr 2014 in der Nähe des ausgeglichenen Bereichs ankommen dürfte.

Im Bilanzjahr 2014 fielen massive Abschreibungen auf das seit Jahren kriselnde Tochterunternehmen Peiner Träger ins Gewicht, gleichzeitig belasteten Rückstellungen für Personalabbau die Finanzen. Mit einem bereits vor Jahren beschlossenen innerbetrieblichen Umbau wollte Deutschlands zweitgrößter Stahlkonzern die Wende auf einem zunehmend schwierigen Markt schaffen. Insgesamt summierten sich die Belastungen wie Abfindungen oder Aufwendungen für Altersteilzeit auf rund 240 Millionen Euro. Hinzu kam schließlich noch ein Verlust aus der Beteiligung an dem Kupferkonzern Aurubis von 55 Millionen Euro.

Überkapazitäten heizen den Preiskampf an

Vor Steuern türmte sich damit ein Verlust von 477,8 Millionen Euro auf. Zwar sind darin auch rund 50 Millionen Euro für ein Sanierungsprogramm „Salzgitter 2015“ enthalten, doch insgesamt liegt der Verlust dennoch über den ursprünglich prognostizierten 400 Millionen Euro.

Vor allem die Tochterfirma Peiner Träger bereitet den Konzernoberen Kopfschmerzen. Die Tochter stellt Langstahl für die Bauindustrie her. Rund 300 Stellen sind dort bereits weggefallen, teilweise kamen die Beschäftigten anderswo im Unternehmen unter. Insgesamt plant der Konzern die Streichung von gut 1.500 Stellen. Udo Meyer, Betriebsratsvorsitzender bei Peiner Träger, erklärte gegenüber der Peiner Zeitung: „Die negativen Zahlen sind leider keine Überraschung für uns, denn die steigenden Rohstoffpreise und die geringe Nachfrage machen uns weiter Probleme.“ Man müsse jetzt verstärkt auf innovative neue Produkte bei Peiner Träger setzen, um aus der Krise zu kommen. Und auch der Kommunikationschef der Salzgitter AG, Bernhard Kleinermann, klang in der vergangenen Woche nicht wirklich optimistisch: „Der Preisverfall und Wettbewerbsdruck auf dem kriselnden europäischen Markt haben den Konzern weiter fest im Griff. Wir rechnen nach einem verlustreichen Verlauf des vergangenen Jahres auch für 2014 noch nicht mit einer Rückkehr in die Gewinnzone.“

Die gesamte Stahlindustrie befindet sich seit Jahren in einer existentiellen Krise. Ein Grund für die Verluste sind Überkapazitäten, die den Preiskampf anheizen. Schon bei normaler Nachfrage hält der europäische Branchenverband Eurofer rund ein Viertel der Produktionskapazität für zuviel. Seit Mitte 2008 wartet die Branche in Europa auf eine tiefgreifende Erholung. Damals hatte die internationale Finanzkrise die bis dahin florierende Stahlindustrie aus ihren Träumen gerissen. Um immer noch 30 Prozent liegt die Nachfrage heute unter dem Niveau von vor 2008. Zumal mit der Auto- und der Bauindustrie die beiden größten Abnehmerbranchen selbst gegen eine Flaute kämpfen. Auch der deutsche Branchenprimus Thyssen Krupp hat seine strukturellen Probleme noch längst nicht überwunden. Der Konzern hatte in den vergangenen drei Jahren vor allem auf Grund massiver Probleme bei den Stahlwerken in den USA einen Verlust von rund 8,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Finanzlage bei Thyssen Krupp bewerten Analysten zur Stunde als angespannt. Dabei gilt der deutsche Marktführer noch als halbwegs stabil.

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