© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Das schwere Erbe des Comandante Chavez
Venezuela: Mit Protesten versucht die bürgerliche Opposition die linke Regierung zu stürzen / Armenviertel-Bewohner als Zünglein an der Waage
Paul Leonhard

Der Regierung Venezuelas ist es auch nach vier Wochen nicht gelungen, die Unruhen, die als Proteste von Studenten vor allem privater Hochschulen in der Provinz begannen, einzudämmen. Geschürt von der radikal konservativen Opposition haben die gewaltsamen Demonstrationen die Hauptstadt Caracas und andere große Städte erreicht. Auf Präsident Nicolás Maduros Aufforderung zu Gewaltverzicht und Frieden, wurde seitens der Protestbewegung mit Blockaden reagiert, das Angebot eines „nationalen Dialogs“ abgelehnt. Die Folgen sind Straßenschlachten mit Toten und Verletzten.

Gegenspieler Maduros sind der in den USA ausgebildete Leopoldo López, Antonio Ledezma, María Corina Machado und Henrique Capriles Radonski. Letzterer, Führer der rechtsgerichteten Partei Primero Justicia, war bei den Präsidentenwahlen 2013 knapp gescheitert.

Die kritisierten Stromsperren, Lebensmittelengpässe, die Inflation, Korruption und hohe Kriminalität werden von der Regierung nicht bestritten. Man arbeite an einer Lösung, heißt es offiziell. Ein Teil der Probleme ist aber auch den Straßenblockaden der Opposition geschuldet.

Neu-Präsident Maduro steht auf verlorenem Posten

Die Versorgung mehrerer Krankenhäuser in San Cristóbal mit Medikamenten sei erst möglich gewesen, nachdem die Armee die Blockaden durchbrochen hatte, sagte der Gouverneur des Bundesstaates, José Greogorio Vielma Mora.

Nicolás Maduro ist ein schwacher Präsident. Der 51jährige ist gegenwärtig dabei, das Erbe seines Vorgängers, des legendären Comandante Hugo Chávez, zu verspielen. Ihm ist es in den vergangenen zehn Monaten nicht einmal ansatzweise gelungen, das rohstoffreiche Land wirtschaftlich zu stabilisieren. Der linke Lateinamerikaexperte Heinz Dieterich beklagt entsprechend im Gespräch mit Spiegel Online die „katastrophale ökonomische Situation, die Unfähigkeit der Regierung, Reformen anzuschieben, und externe Interessen, also den Versuch bestimmter Länder, die Lösungen der Krise in ihrem Interesse zu beeinflussen“. Gemeint sind die USA.

Außenminister Elías Jaua wirft Wa-shington vor, „ein Szenario der Gewalt heraufzubeschwören, um einen Staatsstreich durchzuführen“.

Es wäre nicht der erste Versuch. Im April 2002 scheiterte ein von der CIA initiierter Militärputsch gegen Chávez nach 48 Stunden am Aufstand des Volkes.

Die Opposition werde verlieren, wenn es nicht gelinge, die „Menschen in den Armenvierteln“ für sich zu gewinnen, weiß Capriles. Noch verhalten sich die Bewohner in den Barrios angesichts der Mittelklasseproteste still. Ob sie Geduld haben und Maduro eine Fortsetzung der „Bolivarischen Revolution“ zutrauen, wird sich zeigen.

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