© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Koalitionsstreit um doppelte Staatsangehörigkeit
Geschwätz von gestern?
Paul Rosen

Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten. Dieser alte Rechtsgrundsatz, eine tragende Säule der zivilisierten Welt, gilt in Berlin bestenfalls noch zeitweise. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Neuregelung der doppelten Staatsbürgerschaft verständigt, nach der in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können. Der Koalitionsvertrag stammt von Ende November. Ein Vierteljahr später fühlen sich Teile der Sozialdemokraten schon nicht mehr daran gebunden, sondern wollen die Staatsbürgerschaft für alle, die hier geboren worden sind. Damit wäre die Abkehr vom einstigen Abstammungs- zum Bodenprinzip (Geburtsland) vollständig.

Und zugleich würde die deutsche Staatsbürgerschaft weiter entwertet. Es mag schick sein, zwei oder mehr Pässe in der Tasche zu haben. Aber wie in Goethes Faust wohnen zwei Seelen in der Brust des Doppelstaatlers. Wem im Zweifel seine Loyalität gilt, kann durchaus fraglich sein.

Und sorgt der Staat wirklich noch für einen Menschen, der mal deutsch und mal anders ist? Die doppelte Staatsbürgerschaft paßt in eine Welt der Beliebigkeit ohne Grundsätze und Leitplanken. Und weil die Haltung der Union längst beliebig ist, wird sie auf die SPD-Linie einschwenken, auch wenn das noch etwas dauern mag.

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