© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/14 / 21. Februar 2014

Knapp daneben
Eine stabile Einkommensquelle
Karl Heinzen

Die Geschichte der kanadischen Band Skinny Puppy reicht bis in die frühen achtziger Jahre zurück. Wie es in dieser Zeit üblich war, versuchte sie sich an größenwahnsinnigen Experimenten und nahm es hin, wenn das Ergebnis am Ende einfach nur dilettantisch klang. Einige Musiker, die damals ähnliches wagten, brachten es zu Weltruhm und Vermögen. Von Skinny Puppy läßt sich dies nicht sagen. Die Band blieb ihren lausigen Anfängen treu und hat in drei Jahrzehnten keinen einzigen Ton herausgebracht, der hörenswert wäre. Wer ihr sein Aufnahmestudio zur Verfügung stellte, machte sich durch fahrlässigen Stromverbrauch mitschuldig an Ressourcenverschwendung und Klimawandel.

Der Band selbst kann dies kaum verborgen geblieben sein. Sie versuchte daher, den Mangel an Talent und Qualität durch eine schrille Selbstinszenierung zu kompensieren. Ihre Konzerte gelten als blutrünstig und brachial. Das Themenspektrum reicht von Tierversuchen über Vergewaltigung bis hin zu chemischen Waffen und Satanismus.

Die U.S. Army baute auf Skinny Puppy, wenn es galt, Inhaftierte durch Dauerkrach zu foltern.

Reich wird man durch so etwas nicht. Doch nun, da die beiden Bandmitglieder die Fünfzig überschritten haben, wittern sie die unverhoffte Chance auf einen finanziell abgesicherten Ruhestand. Von einem ehemaligen Wärter des Gefangenenlagers Guantanamo wollen sie erfahren haben, daß die U.S. Army auf Skinny Puppy baute, wenn es galt, Inhaftierte durch Dauerkrach zu foltern. Da dafür die Lizenzrechte nicht eingeholt worden waren, hat die Band den Streitkräften eine Rechnung über teuflische 666.000 Dollar präsentiert.

Voller Spannung blickt die Musikbranche nun auf die sich anbahnende Auseinandersetzung. Die Einnahmen aus dem CD-Verkauf sinken, und Downloads bringen wenig ein. Gefoltert wird jedoch rund um den Globus mit großer Zuverlässigkeit. Hierfür die musikalischen Mittel zu verkaufen, könnte eine stabile Erlösquelle sein.

Allerdings birgt dieser neue Markt auch Gefahren: Wenn erst einmal aktenkundig ist, daß eine bestimmte Musik Menschen quält, könnte jeder, der sie unfreiwillig zu hören bekommt, Schmerzensgeld beanspruchen.

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