© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/14 / 21. Februar 2014

Geld oder Ruf
Streit ums Urheberrecht: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ obsiegt gegen den Online-Händler buch.de
Andreas Wild

Blurb. Das Wort klingt scheußlich, wie man es auch ausspricht, und jetzt soll man auch noch extra dafür bezahlen. „Blurbs“ sind Auszüge aus Buchrezensionen, welche – falls sie positiv ausfallen – von den Verlagen auf ihren Klappentexten oder in Werbebeilagen nachgedruckt werden, um Reklame für ein neues Buch zu machen. Bislang ging das aus Gewohnheitsgründen kostenlos vor sich, aber nun ist es damit vorbei.

In einem Prozeß (Frankfurter Allgemeine Zeitung kontra „buch.de“) hat die 21. Zivilkammer des Landgerichts München I vorige Woche entschieden, daß Blurbs urheberrechtlich schutzpflichtig sind (Az.: 21 O 7543/12). Sie fallen nicht unter das sogenannte Zitatrecht, demzufolge man fremde Texte in einem gewissen Minimalumfang frei verwenden darf. Vielmehr sei die Urheberrechtsfähigkeit auch bei bloßen Auszügen anzunehmen, wenn sie „für sich gesehen selbständige persönliche Schöpfungen“ darstellen. Für jeden einzelnen Werbesatz wird also künftig wohl Geld fließen müssen.

Rezensenten und ihre Medien freuen sich. Doch die Sache hat auch ihren Haken, besonders für sogenannte Starkritiker, mit deren Sprüchen die Klappentexte natürlich besonders gern prunken. Verreißt der Kritiker ein Produkt, hat er keine Chance, an zusätzliche Kohle heranzukommen. Lobt er es hingegen, riskiert er unter Umständen seinen Ruf.

Gutes Geld oder guter Ruf – das ist nun also die Frage. Aber was soll’s, es gibt ja bei den etablierten „Leitmedien“ schon seit längerem kaum noch echte Literaturkritik à la Lessing oder Karl Kraus, bloß noch Reklamesprüche und politisch-ideologische Verabredungen, aufgezäumt meist als „Vorkritik“, wenn es das „kritisierte“ Produkt noch gar nicht gibt.

Der Klappentext um das Buch, das schließlich erscheint, ist da nur noch eine Art Stempel unter Vorgängen, die längst irgendwo arrangiert und abgelegt worden sind. Blurb.

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