© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/14 / 14. Februar 2014

Kampfdrohnen
Schöner leben ohne Drohnen
Ronald Gläser

Die Frage, ob die Bundeswehr Kampfdrohnen anschaffen soll, dreht sich um mehr als ein rüstungspolitisches Detail. Es geht darum, was für eine Armee wir haben wollen. Sollen deutsche Soldaten als die Söldner der neuen Weltordnung im Auftrag Washingtons in Kriege in aller Welt geschickt werden? Oder sollen sie dem Schutz der Heimat dienen? Ich plädiere für letzteres und möchte die zwei wichtigsten Gründe darlegen, warum Deutschland auf diese Anschaffung vorläufig verzichten kann.

Drohnen sind eine großartige Erfindung, die jeden faszinieren. Es gibt viele zivile Einsatzmöglichkeiten, die genutzt werden sollten: Medien, Versorgungs- oder Logistikunternehmen wie Gazprom oder Amazon können damit ihre Arbeit optimieren und sollten Drohnen einsetzen. Auch das Militär macht sich die neue Technik zunutze. Vor allem die Amerikaner. Sie schicken ihre Flugroboter nach Afrika und Asien, um dort Islamisten zu bekämpfen. Der Drohneneinsatz ist kostengünstig und reduziert die Risiken für die eigene Truppe auf null. Die Bundeswehr verfügt über drei Heron-Drohnen, gegen deren Einsatz im Konfliktfall nichts einzuwenden ist. Die Anschaffung weiterer, bewaffneter Kampfdrohnen hingegen ist strikt abzulehnen.

Drohnen, die heute gegen Terroristen im Einsatz sind, werden schon morgen auf das eigene Volk gerichtet werden. Das ist keine absurde Verschwörungstheorie. Nicht erst seit dem NSA-Skandal wissen wir, daß alles, was technisch möglich ist, auch gemacht wird.

Zum einen, weil wir den Angriffskrieg in der Fremde, für den diese Drohnen geschaffen wurden, nicht führen sollten und nach unserer Verfassung auch gar nicht führen dürfen. Das Grundgesetz (Artikel 26) ist eindeutig, es verbietet Angriffskriege: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig.“ Wenn die Anschaffung von Kampfrobotern, die auf fremden Kontinenten Ziele bekämpfen sollen, nicht als eine solche Handlung definiert wird, was dann? Kampfdrohnen, die über Timbuktu oder Islamabad kreisen, sind der Inbegriff des Angriffskrieges. Da gibt es nichts für uns zu gewinnen.

Der zweite Grund, der gegen Kampfdrohnen spricht, ist dieser: Drohnen, die heute gegen Al-Qaida-Terroristen im Einsatz sind, werden schon morgen auf das eigene Volk gerichtet werden. Das ist keine absurde Verschwörungstheorie, sondern schon dadurch bewiesen, daß die Bundeswehr die Aufklärungsdrohne Euro Hawk nur deswegen nicht baut, weil sie dafür keine Zulassung für den europäischen und damit deutschen Luftraum bekommen hätte. Wenn die Drohne doch für den Einsatz in der Dritten Welt gedacht ist, wieso ist es dann plötzlich wichtig, daß dieser Roboter bei uns in der Heimat aufsteigen kann? Diese Überwachungstechnik wird zweifellos eines Tages gegen uns Bürger eingesetzt werden. Nicht erst seit dem NSA-Skandal wissen wir, daß alles, was technisch möglich ist, auch gemacht wird. Niemand kauft sich einen Porsche, um dann nur 30 Stundenkilometer schnell zu fahren.

Der Staat wird eines Tages feststellen, daß mehr Verbrechen aufgeklärt oder Steuergelder gespart werden könnten, wenn er seine Drohnen einsetzt. Kein Argument wird zu billig sein, um nicht vorgetragen zu werden. Eine Welt, in der jeder Bürger ständig damit rechnen muß, von einem Flugroboter aus 20.000 Metern Höhe verfolgt zu werden, übertrifft die Dystopie von George Orwells „1984“, denn dort gab es noch winzige Nischen, in denen sich Bürger unerkannt treffen konnten.

Das heißt nicht, daß wir die Bundeswehrtechnik veralten lassen sollten. Im Gegenteil: Die Bundeswehr sollte sich mit der Drohnentechnik vertraut machen und geeignete Gegenmaßnahmen treffen. Bislang kennen wir Drohnen nur als Werkzeug im asymmetrischen Krieg, in dem eine einzige Drohne ausreicht, um den Jemen oder das Horn von Afrika zu überwachen. Was aber, wenn es einmal zu einem herkömmlichen Krieg kommt, was Gott verhüten möge? Dann werden Hunderte Drohnen unterwegs sein. Der V-Waffen-Einsatz gegen England wird wie ein Kindergeburtstag daherkommen. Es wäre katastrophal, wenn eines Tages Drohnen das Berliner Regierungsviertel zur Todeszone machen oder unsere Linien hinterrücks aufrollen.

Daher sollten wir einen Teil des gesparten Geldes für ein Drohnenabwehrprogramm ausgeben, eine Art deutsches SDI. Deutschland darf niemals Ziel eines fremden Drohneneinsatzes werden. Aber wir brauchen keine eigenen Kampfdrohnen. Sollen die Amerikaner die Steuergelder ihrer Bürger dafür verpulvern.

 

Ronald Gläser, Jahrgang 1973, studierte Amerikanistik und Geschichte. Der JF-Redakteur schreibt seit 1995 für diese Zeitung.

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