© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/14 / 14. Februar 2014

Der Feind steht rechts
Wahl zum Europaparlament: Die Bundeszentrale für politische Bildung plant eine einseitige Tagung über europakritische Parteien
Felix Krautkrämer

Glaubt man der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) ist eigentlich alles ganz einfach. Die Europäische Union ist eine „Erfolgsgeschichte“, die ihren Mitgliedern Frieden, Demokratie und Wohlstand beschert. EU-Kritiker hingegen sind Rechtspopulisten und Rechtsextremisten, die die „europäische Integration“ erschweren und gefährden.

Das Problem ist nur, daß immer weniger Menschen diese Ansicht teilen, denn europaweit befinden sich EU-skeptische Parteien im Aufwind. Ob Geert Wilders in den Niederlanden, der Front National in Frankreich, Nigel Farages UKIP in Großbritannien oder die FPÖ in Österreich: Sie alle können sich bei der Europawahl im Mai einen kräftigen Stimmenzuwachs erhoffen. Grund genug für die Bundeszentrale, sich dem Thema auf einer Tagung anzunehmen. Denn droht doch mit der Alternative für Deutschland (AfD) auch hierzulande eine „rechtspopulistische Bewegung“ den Sprung ins EU-Parlament zu schaffen. Unter dem Motto „Europa auf der Kippe? Rechtspopulismus und Rechtsextremismus im Vorfeld der Europawahlen“ lädt die Behörde daher für Mitte März nach Köln ein. Die Veranstaltung richtet sich an „politische Bildnerinnen und Bildner mit Schwerpunkt Europa und/oder Rechtsextremismus“ sowie „politisch aktive Bürgerinnen und Bürger“ und „Aktive aus Initiativen gegen Rassismus und Intoleranz“, heißt es blumig auf der Internetseite der BpB. Aber auch Journalisten will die Bundeszentrale erreichen, die nach der Tagung über die Wahl zum Europäischen Parlament berichten. Der gewünschte Tenor dürfte nicht schwer zu erraten sein.

Als Partner steht der BpB dabei die Europäische Kommission beziehungsweise deren Bonner Vertretung zur Seite, schließlich werden die Kosten für die Veranstaltung auf 100.000 Euro geschätzt, wie die BpB auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mitteilte. Und da ist jede finanzielle Unterstützung willkommen. Daß die EU-Kommission kein neutraler Partner ist, sondern nicht selten Hauptziel der EU-Kritiker, scheint für die BpB dabei nebensächlich zu sein. Ebenso, daß sich die Kritik an der Europäischen Union nicht auf das rechte Lager beschränkt. Die Linkspartei beispielsweise, die gerade darüber diskutiert, ob die EU eine „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“ ist, steht in Umfragen derzeit bei acht Prozent – und damit noch vor der AfD.

Dennoch ist die EU-Kritik von links für die BpB kein Thema: Man beschäftige sich auf der Tagung mit den „unterschiedlichen Ausprägungen rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Strömungen“ in der EU aufgrund der „aktuellen Relevanz des Themas“, begründete BpB-Sprecher Daniel Kraft die einseitige Ausrichtung der Veranstaltung. Zudem sei die Tagung Teil der Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus – und für die habe die Bundeszentrale in diesem Haushaltsjahr zusätzlich zwei Millionen Euro bekommen.

Wie man sich dem Thema auch auf sachliche und unvoreingenommene Art annehmen kann, zeigt unterdessen eine Institution, die sonst eher nicht mit politischer Bildung in Verbindung gebracht wird: die Deutsche Bank. Eine Ende Januar erschienene Studie beschäftigt sich ebenfalls mit den „EU-Skeptikern im Aufwind“. Wertende Bezeichnungen wie „Populisten“ oder alarmistische Warnungen finden sich darin so gut wie nicht. Statt dessen weisen die Autoren darauf hin, daß die EU-skeptischen Parteien in Europa „äußerst heterogen“ seien und deren Programmatik eine „enorme Bandbreite inhaltlicher Positionen“ aufweise. Auch seien die EU-Skeptiker nicht nur am rechten Rand zu suchen, sondern es müsse sowohl zwischen rechten und linken Kräften als auch zwischen gemäßigten und harten Parteien unterschieden werden. Die Bundeszentrale für politische Bildung hingegen läßt eine solche Mühe zur Differenziertheit vermissen. Möglicherweise wäre dann aber auch alles nicht mehr so schön einfach.

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