© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/14 / 31. Januar 2014

Er duckte sich nicht weg
Nachruf: Zum Tod von Bischof Kurt Krenn
Gernot Facius

Daß er als „streitbar“ galt, daß er polarisierte wie kein zweiter im von Krisen geschüttelten österreichischen Katholizismus, das hat Kurt Krenn gerne hingenommen. Er sah in solcher Beschreibung sogar ein Stück Anerkennung. Denn streitbar zu sein gehöre zum „Wesen eines vernünftigen Menschen“.

13 Jahre lang war der 1936 im oberösterreichischen Rannariedl geborene Krenn Bischof von St. Pölten. Papst Johannes Paul II. hatte ihn 1987 vom Regensburger Lehrstuhl für Systematische Theologie weg in die Heimat geholt, um den Liberalisierungstendenzen in den dortigen Ortskirchen entgegenzuwirken. Zunächst als Weihbischof des unglücklichen Wiener Kardinals Hans Hermann Groër (ihm wurde 1995 angelastet, Minderjährige sexuell mißbraucht zu haben) und dann als St. Pöltner Oberhirte ging es ihm um die Aufgabe der Kirche als „Verkünderin der Wahrheit für die Menschen aller Zeiten“, wie ihm sein späterer Nachfolger Klaus Küng attestierte.

Rücktritt nach Affäre um Kinderpornos

Besonders engagiert verteidigte Kurt Krenn das Recht auf Leben, von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Er war kein Leisetreter. Er sprach angesichts eines Streits im Episkopat über einen Bericht in der Causa Groër von „Lügnern“, die „das Maul halten sollen“ – ausgerechnet vor dem Petersdom in Rom. Er duckte sich nicht weg, wenn es wieder einmal um die „heißen Themen“ der katholischen Sexualmoral ging, und er sorgte sich um die Ausbildung der Kleriker. Verweigerte sich ein deutscher Amtsbruder einer TV-Talkshow – Krenn, der schon bei seinen Studenten als diskutierfreudig bekannt war, ließ sich nicht lange bitten.

Es ist eine Pointe der Geschichte, daß eine bizarre Affäre um Kinderpornos und Homosexualität im St. Pöltener Priesterseminar Krenns Kirchenkarriere beendete; auf Drängen seines einstigen Förderers Johannes Paul II. trat er 2004 zurück. Vergangenen Samstag nun ist der Streitbare im 78. Lebensjahr verstorben.

Im Rückblick auf jedes Leben gebe es Licht und Schatten, erklärte Krenns Nachfolger Klaus Küng, und manchmal komme es bei einem umstrittenen Menschen auf den eigenen Standpunkt an zu entscheiden, wo das Licht ende und der Schatten beginne. Krenns Auftritte hätten sicher manche Menschen gekränkt: „Vergessen wir dabei aber auch nicht, daß die Sorge um die Kirche und ihre Sendung sein Leben bestimmt haben. In dieser Hinsicht kann er für jeden von uns ein Vorbild sein.“

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