© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/14 / 31. Januar 2014

Aufgeschnappt
Zügellose Narreteien
Matthias Bäkermann

Hexen, Teufel und Dämonen. Und dann auch noch Angetrunkene, die „zügellos“ umherziehen und rituelle Begräbnisse von Strohpuppen zelebrieren. In den evangelischen Kirchengemeinden bei Ludwigsburg in der schwäbischen Provinz will man 2014 auf Faschingsfeiern lieber verzichten. „Die alemannische Fasnacht hat einen heidnisch-okkulten Hintergrund“, erklärte Pfarrer Michael Wanner aus Hohenhaslach am vergangenen Montag in den Stuttgarter Nachrichten. Dem pflichtet auch sein Amtsbruder Friedemann Wenzke aus Kleinsachsenheim bei, wo im Sommer der Gemeinderat beschlossen hatte, auch in den evangelischen Kindergärten die Faschingsfeiern abzusagen. „Viele Kinder haben Angst vor den Narren“, begründet Wenzke, wobei er insbesondere auf die auch im Landkreis Ludwigsburg etablierten maskierten „Urzeln“ anspielt.

Kerstin Haible, Sprecherin der Urzelnzunft Sachsenheim, ist schockiert, daß nun den Kindern diese Tradition am „Schmotzigen Donnerstag“ nicht nahegebracht wird. Der Tübinger Volkskundler Werner Mezger hält überdies den Verweis auf das Heidentum für ein Mißverständnis. Dieser Begriff sei nur zu gern von den württembergischen Pietisten als Synonym für katholisch benutzt worden.

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