© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/14 / 24. Januar 2014

Kehrtwende im etatistischen Frankreich?
Hollande lernt Wirtschaft
Markus Brandstetter

Der französische Präsident François Hollande hat im Moment zwei große Probleme: Erstens ist die französische Wirtschaft nach den ohnehin schon schwachen Jahren der Vergangenheit nun ganz am Boden. Und zweitens wurde der Präsident dabei fotografiert, wie er bei Nacht und Nebel auf dem Motorroller eine Dame besuchte, worauf sich Valérie Trierweiler, die eigentliche erste Dame im Staat, in eine Klinik verabschiedete. Nun gehören in Frankreich romantische Affären von Ministern und Präsidenten genauso zur Politik dazu wie anderswo schwarze Kassen, gebrochene Wahlversprechen und eidesstattliche Falschaussagen, weshalb die amourösen Eskapaden von Präsidenten mit größerem Interesse verfolgt werden als deren Aussagen zur Wirtschaft. Das ist schade, denn nach gefühlten hundert Jahren, während derer François Hollande ausschließlich über Steuererhöhungen, Verstaatlichungen, noch mehr Subventionen und andere Kalauer aus der sozialistischen Mottenkiste redete, hat er in einer Pressekonferenz am 14. Januar zur Abwechslung einmal richtig vernünftige Vorschläge gebracht.

Als die Geschichte mit dem Motorroller eingestanden war und Hollande zugegeben hatte, im Moment persönlich „durch eine schwierige Phase zu gehen“, skizzierte er seinen „Pacte de responsabilité“, also einen Vernunftplan für die französische Wirtschaft. Das Kernstück davon ist eine grundlegende Reform der Unternehmensbesteuerung. Satte 30 Milliarden Euro an Familienumlagen sollen die französischen Unternehmen ab 2017 nicht mehr an den Staat abführen müssen. Diese enormen Einsparungen sollen aber nicht durch Steuererhöhungen an anderen Stellen finanziert werden, sondern ihrerseits wieder durch Einsparmaßnahmen in Höhe von 57 Milliarden Euro bei Staatsausgaben quer durch die Bank.

Klangen diese Nachrichten für die Linke und die Gewerkschaften bereits schrecklich genug, wurde es danach noch viel ungemütlicher, als Hollande erklärte, „nur Unternehmen könnten Arbeitsplätze schaffen und das Wachstum wieder ankurbeln“, und nicht allein der Staat, wie er bislang stets verkündet hatte. Um zu unterstreichen, wie wichtig und dringlich die ganze Angelegenheit sei, betonte Hollande mehrmals, daß keine Zeit zu verlieren sei und Frankreichs Schicksal auf dem Spiel stünde.

Ob diese Versprechungen allerdings in die Tat umgesetzt werden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Hollande will bei den Ausgaben für die regionale Verwaltung und im Gesundheitssektor kürzen. Beides wird schwer möglich sein. Insbesondere die traditionell eigensinnige französische Beamtenschaft, die sich an viele Regierungsprogramme und Vorschriften gewöhnt hat, wird alle Reformbestrebungen boykottieren. Trotzdem ist François Hollande bei der Lösung seiner – persönlichen wie wirtschaftlichen – Probleme Glück zu wünschen. Der Plan ist schon mal gut.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen