© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/14 / 24. Januar 2014

Aufgeschnappt
Unrichtige Richtungen
Matthias Bäkermann

Im Jahr 1884 brach eine arme Landarbeiterfamilie aus dem ostpreußischen Kreis Stallupönen auf, um im prosperierenden Duisburg Arbeit und Auskommen zu finden. Ostdeutschland verlor dadurch gegenüber dem Westen einige Einwohner. Bei Spiegel Online hat man am vergangenen Sonntag diesem Phänomen eine interessante Darstellung gewidmet, in der eine interaktive Karte „175 Jahre im Zeitraffer“ regionale Bevölkerungsentwicklungen nachzeichnet. Tiefblau leuchten Wachstumszentren auf, Orangetöne deuten Bevölkerungsschwund an, alles basierend auf Zahlen des Max-Planck-Instituts für demographische Forschung in Rostock.

Die politische Geographie hat die Spiegel-Wissenschaftsredaktion jedoch lieber ausgeblendet, man beschränkt sich auf die Grenzen der heutigen Bundesrepublik. Was als praktikabel gelten könnte, entpuppt sich jedoch in der Analyse als fragmentarisch, wenn Deutschland aus politischer Hyperkorrektheit bereits 1839 an Oder und Neiße endet. Völlig abstrus muten dann abgeleitete Thesen wie jene an, daß „es nicht nur die DDR war, die Ostdeutschland ausbluten ließ“, wobei man letzteres bereits zu Kaisers Zeiten in Wismar und Eisenach und nicht etwa in Danzig, Breslau oder Stallupönen verortet.

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