© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/14 / 10. Januar 2014

Die einsame Lady und ihr Herzchirurg
Kino: Oliver Hirschbiegels Drama „Diana“ hält sich eng an das Leben der englischen Prinzessin
Wolfgang Paul

Das mußte ja so kommen. Die Geschichte von der großen Liebe der Prinzessin oder gar Königin der Herzen zu dem Herzchirurgen schrie geradezu danach, auf die Kinoleinwand gebracht zu werden. Aber in England wollten den Film „Diana“, der jetzt in die deutschen Kinos kommt, nur wenige sehen.

Man fürchtete wohl, daß alte Wunden aufgerissen werden könnten. Hatte doch Diana an der Seite von Prinz Charles eine so wunderbare Prinzessin abgegeben – bis herauskam, daß in der Ehe der beiden noch eine zweite Frau zugegen war. Als sich Charles und Diana trennten, gerieten im Vereinigten Königreich die Bewunderung für Lady Di und die Verehrung für das Haus Windsor in einen Konflikt, der mit dem tragischen Tod der Prinzessin und der harten Haltung der trauerunwilligen Königin an Schärfe gewann.

Nun also die „wahre Geschichte“ von der „wahren Liebe“ Dianas, die sie angeblich zur Wohltäterin reifen ließ. Für eine Verfilmung dieses Stoffes gab es zwei Möglichkeiten: entweder ein Melodram, bei dem kein Zuschauerauge trocken bleibt, oder eine distanziertere, leicht ironische Darstellung, die aber nicht frei von Gefahren war. Schließlich bleibt Diana in erster Linie eine Projektionsfigur für die Hoffnungen und Sehnsüchte vieler Menschen, eine Ikone gewissermaßen. Und mit ihr treibt man keine Späße.

Der deutsche Regisseur Oliver Hirschbiegel, der mit dem Drama „Der Untergang“ über Hitlers letzte Tage im Führerbunker den Mut für ein kniffliges Thema bewiesen hatte und deshalb von den Produzenten ausgewählt wurde, schlug einen dritten Weg ein. Er blieb so nah an der von Medien vermittelten Realität wie irgend möglich. Sein Film wimmelt geradezu von Bildern, die man schon einmal gesehen zu haben glaubt. Lady Di bei ihrem Einsatz zur internationalen Ächtung von Landminen, Lady Di auf der Flucht vor der zudringlichen Menge und andererseits als Objekt eines bestellten Paparazzos. Zurückhaltung übt Hirschbiegel dagegen bei dem tödlichen Autounfall in Paris, den er nicht zeigt.

Zu Beginn fällt eine gewisse Risikoscheu des Regisseurs auf. In mehreren Einstellungen zeigt der Film Diana nur von hinten, gewissermaßen, um uns an die Darstellerin zu gewöhnen. Nach dieser Schonfrist ist sie endlich von vorn zu sehen. Zugegeben, die Aufgabe ist schwer: Die gebürtige Engländerin Naomi Watts soll Diana nicht nur spielen, sie muß Diana sein. Und das gelingt ihr leider nicht immer. Trotz Frisur und Nasenprothese sieht sie oft nur aus wie Naomie Watts, die wie Diana ausschauen möchte. Da helfen auch die einstudierten Bewegungen und die (allein in der Originalfassung zu hörende) gute Stimmenimitation nicht.

Nun geht es Hirschbiegel nicht um ein umfassendes Porträt der Prinzessin von Wales. Prinz Charles ist nur zu hören, als er im Fernsehen spricht. Die Windsors tauchen nicht auf, lediglich ein kurzes Treffen mit den Söhnen ist zu sehen.

Der Film beschränkt sich auf die Zeit nach der Trennung, auf die Tage der Abgeschiedenheit im Schloß Kensington, bis die einsame Prinzessin, die nichts mit sich und ihrem Leben anzufangen weiß, den britisch-pakistanischen Herzchirurgen Hasnat Khan kennenlernt, der von Naveen Andrews, dem in London geborenen Sohn indischer Einwanderer, gespielt wird. Durch ihn gewinnt Diana neuen Elan. Angestachelt von seiner lebensrettenden Arbeit, engagiert sie sich für humanitäre Ziele.

Gut gelungen ist, wie der Film die Heimlichkeiten zeichnet, mit denen das Paar seine Treffen arrangiert. Da bekommen die Bediensteten auf Kensington plötzlich Freizeit, oder Diana zeigt sich erfinderisch, um unerkannt in Hasnans Wohnung zu gelangen.

Allerdings drängt auch diese Liaison in die Öffentlichkeit. Und damit gerät die Liebe zwischen der berühmtesten Frau Englands und dem Mann aus einem anderen Kulturkreis, der unter keinen Umständen seinen Beruf aufgeben möchte, in ein Dilemma. Ein Dilemma, das nach zwei problematischen Jahren nur durch eine Trennung gelöst werden kann.

Hasnat Khan hat mittlerweile die Darstellung des Films heftig kritisiert. Alles sei ganz anders gewesen. Nur er und seine engsten Freunde wüßten, wie es wirklich in ihrer Beziehung zugegangen sei, sagte er der englischen Zeitung Daily Mirror. Bei der Vorbereitung des Films hat man um ihn offenbar einen Bogen gemacht.

Immerhin wurden Zeitgenossen, Biographen und Experten befragt. Es wurde intensiv recherchiert, insgesamt ein immenser Aufwand getrieben. Doch dabei ist ein Film herausgekommen, der einen am Ende ziemlich kaltläßt.

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