© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/14 / 10. Januar 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Vertreibung aus dem Königsausschuß
Henning Hoffgaard

Ausschüsse im Deutschen Bundestag gelten als wenig spektakulär, bürokratisch und formal. Kurz: langweilig. Zu Unrecht, denn die Ausschüsse spielen eine zentrale Rolle im politischen System. Hier werden Gesetze beraten und geändert. 22 von ihnen hat der neue Bundestag. Der wichtigste ist ohne Frage der Haushaltsausschuß. Er berät über die Finanzen, egal in welchem Ressort. Schuldenkrise, Investionen, Subventionen. Der „Königsausschuß“ redet überall mit. Lange saßen dort auch prominente Euro-Kritiker.Das hat sich nun geändert. Zufall ist das nicht. Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch war der Parteispitze schon lange ein Dorn im Auge. Zu klar war seine Ablehnung der Euro-Rettungspolitik der Bundeskanzlerin. Die Lösung für die CDU-Spitze war klar: Willsch muß weg. Und so ist es auch gekommen: Willsch ist weg. Dabei schob die Fraktionsspitze nicht einmal andere Gründe vor, auch die Kompetenz des Finanzexperten Willsch wurde nicht angezweifelt. Er mußte ausschließlich wegen seiner Euro-Kritik gehen.

Um Klartext war der 52jährige noch nie verlegen – und ist es auch im Fall seiner Abstrafung nicht: „Kleinlich und unsouverän“ sei das Verhalten innerhalb der Union gegenüber den Euro-Kritikern, sagt Willsch der JUNGEN FREIHEIT. Auf die Frage, ob er an seinem Kurs festhalten werde, gibt es ein klares „Ja“. Notfalls, so kündigte er bereits vergangene Woche an, auch über kritische Anfragen an die Bundesregierung. Da innerhalb der Union ohne Proporz nichts geht, wurde schnell ein anderer hessischer Abgeordneter für den Platz im Ausschuß gesucht und gefunden. Helmut Heiderich sitzt nun in dem mächtigen Gremium.

Seine Prioritäten sind klar: „Die Einhaltung der Schuldenbremse hat dabei für uns als CDU wie für mich persönlich oberste Priorität. Das ist auch ein Stück Gerechtigkeit gegenüber der jungen Generation.“ Zudem will er sich für Investitionen beim Verkehr, die wirtschaftliche Stärkung und eine gute gesundheitliche Versorgung einsetzen. Feinde wird er sich damit im Gegensatz zu Willsch keine machen. Er liegt ganz auf Linie. Neben Willsch rechnete die CDU auch mit zwei anderen Kritikern des Euro-Kurses der Bundesregierung ab. Alexander Funk wurde ebenfalls nicht wieder in den Haushaltsausschuß gewählt, und Veronika Bellmann mußte ihren Posten im Europaausschuß räumen. So wird Politik gemacht.

Freuen dürfte sich darüber die Alternative für Deutschland (AfD). Lange hatte Willsch vor einem Erstarken der Euro-Kritiker gewarnt. Nun befürchtet Willsch durch den harten Kurs der CDU gegen die Abweichler ein weiteres Erstarken der AfD. Und der Europawahlkampf hat gerade erst begonnen. Ob sich die Euro-Kritiker innerhalb der CDU hier nun mit ganzem Herzen engagieren werden, ist kaum anzunehmen. Willsch etwa dürfte dafür auch kaum Zeit haben. Der direkt gewählte Abgeordnete sitzt ab sofort im neu gebildeten Ausschuß für Wirtschaft und Energie und dürfte vor allem über die Energiewende diskutieren. Vielleicht spricht er in Zukunft ja auch hier Klartext.

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