© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/14 / 10. Januar 2014

Wahlgeschenk für Verfassungsfeinde
„Kampf gegen Rechts“: Mit ihrer Ankündigung, die Extremismusklausel abzuschaffen, sorgt Familienministerin Schwesig auch im eigenen Lager für Verwunderung
Christian Schreiber

Kurz vor Weihnachten, als im sonst so hektischen Berliner Politikbetrieb bereits Ruhe eingekehrt war, hatte die neue Familienministerin Manuela Schwesig gleich ein Einstandsgeschenk für die ultralinke Klientel dabei. Im Spiegel kündigte die SPD-Politikerin Änderungen beim „Kampf gegen Rechts“ an: „Ich will Demokratie und Toleranz zu einem Hauptthema meiner Amtszeit machen. Dafür sollten wir diese Organisationen fördern und sie nicht unter Generalverdacht stellen und ihnen mißtrauen“, sagte sie und versprach, die sogenannte Extremismusklausel zu streichen.

Ihre Amtsvorgängerin Kristina Schröder (CDU) hatte vor gut drei Jahren die Regelung eingeführt. Danach müssen sich sämtliche Initiativen gegen Rechtsextremismus, die Fördergeld beim Familienministerium beantragen, schriftlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Darüber hinaus müssen sie sich auch verpflichten, alle ihre Projektpartner auf Verfassungstreue zu kontrollieren, ansonsten sei keine Förderung vom Staat zu erhalten. Die Folge war ein mächtiges Gezeter im linken Lager. Viele Vereine und Organisationen fühlten sich in ihrer Arbeit behindert, damalige Oppositionspolitiker verstiegen sich sogar zu der Aussage, damit wolle die Regierung klammheimlich anti-rechte Aktivitäten unterlaufen. Und die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, vergriff sich mächtig im Ton und attestierte der Ministerin gar einen „Mangel an Herzensbildung“, weil sie Kämpfer gegen Rechtsextremismus anfeinde.

Die Sozialdemokraten zogen schließlich in ihrem Programm mit einer Forderung nach einer Abschaffung der „grotesken Extremismusklausel“ in den Wahlkampf und setzten durch, daß sich der besagte Passus nicht mehr in der neuen Koalitionsvereinbarung findet. Nun obliegt es eben dem zuständigen Ministerium, ob die Regel gekippt wird oder nicht. Das Ministerium vergibt einen Großteil der Bundesförderung für Initiativen gegen Extremismus. 2014 will man die Mittel um rund 1,5 Millionen Euro aufstocken. Damit beträgt der Haushaltsposten „Extremismusbekämpfung“ künftig 30,5 Millionen Euro. Hiervon fließen rund 25,5 Millionen Euro in die Bekämpfung des „Rechtsextremismus“, lediglich fünf Millionen Euro stehen für Programme gegen „Linksextremismus und Islamismus“ zur Verfügung.

Innerhalb der Großen Koalition sorgte das Vorpreschen Schwesigs prompt für Diskussionen. Mit ihrem Vorgehen setze sie ein „falsches Signal“, kritisierte der Sprecher der Unions-Innenminister, Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Landeschef Lorenz Caffier laut der Nachrichtenagentur dpa. „Leider ist nicht jede Anti-Nazi-Initiative, nicht jeder Antifaschist zugleich ein Kämpfer für Freiheit und Demokratie.“ Die jüngsten Ausschreitungen „autonomer Chaoten“ in Hamburg zeigten, daß Gefahren auch von gewaltbereiten Linksextremisten drohten.

Ähnlich äußerte sich auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, der künftig eine schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden anführen wird. „Daß Linksextreme vom Staat Geld für ihren Kampf gegen Rechts bekommen sollen, finde ich absurd. Es sollte selbstverständlich sein, daß jeder, der Geld vom Staat beantragt, sich zu unserer verfassungsmäßigen Grundordnung bekennt. Alles andere ist scheinheilig“, sagte er der Welt.

Genüßlich verweisen CDU-Kreise zudem auf die Zustände in Mecklenburg-Vorpommern. Dort hatte das Sozialministerium vor drei Jahren mit Blick auf die rechtsextremistische Szene in dem Land für Träger von Kindertagesstätten verlangt, diese sollten gewährleisten, daß Mitarbeiter die freiheitliche Grundordnung anerkennen und dies schriftlich bestätigen. Zuständige Sozialministerin damals: Manuel Schwesig. Selbst die Zeit kam nicht umhin, dieses Vorgehen als konfus zu bezeichnen: „Damit wird also eine Sozialdemokratin die Extremismusklausel abschaffen, die sie auf Landesebene vor kurzem einführte“, schrieb das Blatt und zitierte den CDU-Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Markus Grübel. „Damit macht sich die SPD unglaubwürdig.“

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