© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/14 / 03. Januar 2014

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Wer heutzutage in die Oper geht, kann den gesungenen Text meist oberhalb der Bühne auf einem Laufband mitlesen. Das war nicht immer so. Erstmals sollen Übertitel 1983 von der Canadian Opera Company eingesetzt worden sein, hierzulande sind sie seit etwa Mitte der neunziger Jahre üblich. Umstritten ist das Verfahren bis heute. Die einen fühlen sich in ihrer Aufmerksamkeit für das Stück gestört, sie empfinden den eingeblendeten Text als Ablenkung. Andere heben auf die mangelnde Sprach- und Textverständlichkeit ab – ohnehin bei fremdsprachigen Aufführungen, aber selbst wenn in Deutsch gesungen wird – und verlangen geradezu nach Übertiteln.

Oper im Kino, Verdis „Falstaff“, eine Live-Übertragung aus der New Yorker Metropolitan Opera. Dort werden Opern seit jeher nur in der jeweiligen Originalsprache aufgeführt, in diesem Fall also Italienisch. Falstaff (großartig: Ambrogio Vassallo) liegt im Bett, beginnt zu singen, Dr. Cajus stürzt ins Zimmer und beschuldigt die beiden Diener Falstaffs, ihn beraubt zu haben, alle singen – doch ich verstehe nur Bahnhof. Es gibt keine deutsche Über- oder Untertitelung wie noch wenige Wochen zuvor bei „Eugen Onegin“ mit Anna Netrebko, ebenfalls aus der Met ins gleiche Kino übertragen.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Städtischen Bühnen Frankfurt am Main heißt es unter Punkt 12. Übertitel: „Bei den Aufführungen wird in der Regel der Text des Werkes in deutscher Sprache auf einer über der Bühne installierten Leinwand synchron angezeigt. Diese Übertitel sind nicht Bestandteil des Kartenpreises und nicht einklagbar, sofern eine Aufführung ohne Übertitel gespielt wird oder diese von einigen – in der Sicht eingeschränkten Plätzen – nicht gesehen werden können. Aus den genannten Gründen berechtigen nicht vorhandene Übertitel oder schlechte bzw. keine Sicht auf die Übertextanlage keine Kartenrückgabe oder Reduzierung des Kartenpreises.“ Für das Nationaltheater Mannheim gilt: „Es besteht kein Anspruch auf die vollständige Lesbarkeit der Übertitelung.“ Die Oper Stuttgart weist darauf hin, daß „Übertitel (…) nicht von allen Plätzen aus uneingeschränkt sichtbar“ (sind).

Zurück nach Berlin in die Oper im Kino: Im Februar und März 2014 stehen Antonín Dvořáks lyrische Märchenoper „Rusalka“ mit Renée Fleming in der Titelrolle und Borodins „Fürst Igor“ auf dem Spielplan. Meine Tschechisch- und Russischkenntnisse sind allerdings ein wenig eingerostet. Deutsche Über- oder Untertitel würden da ungemein weiterhelfen.

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