© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/14 / 03. Januar 2014

Rechtsfreie Räume
Sport: Polizeigewerkschaft klagt über Fußball-Gewalt
Paul Leonhard

Mehr als 1.300 Polizisten sind Jahr für Jahr ausschließlich im Einsatz, um Fußballspiele der ersten und zweiten Bundesliga abzusichern. Allein ein Drittel der Einsatz-Hundertschaften sind mit der Begleitung von Fußball-einsätzen beschäftigt. „Das ist im Sinne der inneren Sicherheit gesellschaftspolitisch nicht mehr zu vertreten“, sagte Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Trotzdem nimmt die Gewalt im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen immer mehr zu, sind fast jedes Wochenende verletzte Ordner, Polizisten und Besucher zu beklagen. Gewaltbereite Ultras und Hooligans würden vielerorts die Fankurven in den Stadien, die Bahnhöfe und Züge als rechtsfreie Räume sehen, wo Polizisten nichts zu suchen hätten, weiß Malchow und fordert von den Vereinen, sich „deutlicher als bisher“ von Gewalttätern zu distanzieren.

Fußballgewalt ist ein seit Jahrzehnten existierendes Phänomen, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Während sich früher Gewaltexzesse auf einige Vereine konzentrierten, ist inzwischen von der ersten bis zur fünften Fußballliga nahezu jeder Verein betroffen. So geht aus dem Jahresbericht 2010/2011 der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) hervor, daß im Zusammenhang mit Spielen in der ersten und zweiten Bundesliga, des DFB-Pokals, der Spiele der Uefa-Wettbewerbe sowie der Nationalmannschaft rund 6.000 freiheitsentziehende Maßnahmen ergriffen, rund 5.800 Strafverfahren eingeleitet sowie 8.500 Menschen verletzt wurden. Die Zahl der zur gewaltbereiten beziehungsweise gewaltgeneigten Szene gehörenden Fans wurde mit 12.700 Personen angegeben.

Eine Lösung dieser Probleme ist nicht in Sicht. Die Konferenz der Innenminister Anfang Dezember beschloß lediglich, daß Ordner in Fußballstadien eine einheitliche Schulung absolvieren sollen, um wirksam den Einlaß kontrollieren, verschiedene Fansgruppen sicher trennen und „Block- und Platzstürme“ verhindern zu können. GdP-Chef Malchow warnt dagegen „vor immer neuem Aktionismus“. Angedrohte Verschärfungen würden eher zur Solidarisierung friedlicher Fans mit Fußball-Krawallmachern beitragen als zu einer Lösung des Gewaltproblems. Malchow mahnte erneut an, Gewalttäter dingfest zu machen und zeitnah zu verurteilen, auch zu Freiheitsstrafen. Auch seien Sanktionen einzelner Vereine wie Ticketentzug für Auswärtsspiele oder auf Täter umgelegte Geldstrafen richtige Ansätze.

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