© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/14 / 03. Januar 2014

Lesereinspruch

Grips statt Geld

Zu „Für einige Stunden normale Kindheit“ von Thorsten Brückner (JF 49/13)

Die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ ist gut und schön. Aber Ihre eingangs gemachte Aussage widerspricht meiner Sicht: „Bei vielen Familien (...) fällt die Bescherung aus – das Geld reicht gerade einmal für das Nötigste, an Weihnachtsgeschenke ist da nicht zu denken.“ Bei uns reichte das Geld 1945/46 nicht einmal für das Nötigste! Aber deswegen fiel doch weder Weihnachten noch Bescherung aus.

Grips statt Geld war gefragt. Aus Nichts was machen oder wie eine ostpreußische Redensart sagt: „Aus Dreck Zwerj’ backen!“ Geschenke waren nur ein Teil; das Wichtigste war die Feier, die wir mit Geschichten, Gedichten und Liedern gestalteten. Ein Weihnachtsbäumchen (woher nur?) mit dem gebastelten Schmuck aus den abgeworfenen Silberstreifen der englischen Flugzeuge, und mit selbstgezogenen Kerzen aus Stearinresten.

Sogar ein bunter Teller stand auf dem Weihnachtstisch, mit selbstgemachten Leckereien aus lange vorher aufgesparten Zutaten. Und alles mit viel Liebe vorbereitet: Das war Weihnachten ohne Geld.

Ilse Conrad-Kowalski, Lübeck

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen