© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/13 / 13. Dezember 2013 u. 01/14 / 20. Dezember 2013

Millionenschwere Rücklagen bei Industrie- und Handelskammern
Reich durch Zwang
Markus Brandstetter

Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern bald danach auch die Rechnung der Industrie- und Handelskammer (IHK). Selbst wenn ein Unternehmer kein Geld verdient oder der Gabentisch einmal nicht so reichlich gedeckt ist und im Sparstrumpf Ebbe herrscht – die IHKs stört das nicht. Durch das IHK-Gesetz von 1956 wird der Jahresbeitrag fällig. Dieser ist eine flächendeckende Zwangsabgabe, genauso wie die jährlich 215,76 Euro Rundfunkbeitrag, ganz egal ob man ARD, ZDF & Co. in Anspruch nimmt oder nicht. Und die IHK-Beiträge sind ebenfalls ganz schön happig, man ist – das variiert von Standort zu Standort ein bißchen – ab 230 Euro im Jahr dabei, das können aber, abhängig vom Firmenumsatz, auch ganz schnell ein paar tausend Euro sein.

Eine erkennbare Gegenleistung gibt es dafür nicht. Natürlich, die Kammern wickeln die Prüfungen im Ausbildungsbereich ab, aber die könnten von anderen Körperschaften genausogut abgenommen werden. Es gibt auch überhaupt keinen Grund, warum eine Quasi-Behörde, die nur ein paar Prüfungen abnimmt, üppige Büros in den besten Lagen vieler Städte und eine aufgeblähte Belegschaft permanent unterhalten soll. Genauso unbillig ist die Tatsache, daß jedes Unternehmen, ob es die mageren Leistungen der IHKs nun in Anspruch nimmt oder nicht, dafür eine Zwangsmitgliedschaft eingehen und einen obligatorischen Mitgliedsbeitrag bezahlen muß. Man stelle sich einmal vor, wie die Reaktion der Autobesitzer ausfiele, wenn jeder, der ein Auto hat, Mitglied bei einem quasi-staatlichen Pendant des ADAC sein müßte und dafür einen Beitrag bezahlen müßte, ganz egal, ob er die Automobilklubleistungen haben will oder nicht.

Als wenn dies nicht schon alles genug wäre, berichtet die Süddeutsche Zeitung nun, daß die 80 deutschen IHKs auf jeweils millionenschweren Rücklagen sitzen. Kai Boeddinghaus, Geschäftsführer des Bundesverbands für freie Kammern (BFFK), der die Zwangsmitgliedschaft in den Kammern abschaffen will, stellte kürzlich fest, daß die IHKs in Geld schwimmen, weil die Kammerbeiträge jeweils so berechnet werden, daß sie nicht nur die laufenden Kosten decken, sondern auch noch den Aufbau üppigster Rücklagen gestatten. So hatte die IHK Koblenz aus den Zwangsbeiträgen Rücklagen gebildet, die ihren Jahresbedarf um das Zehnfache übersteigen.

Dagegen hat sich eine Koblenzer Spedition gerichtlich zur Wehr gesetzt und in einem spektakulären Urteil Recht bekommen, was bedeutet: die Spedition braucht für das abgelaufene Jahr keinen Kammerbeitrag zu bezahlen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Mittelfristig muß die Lösung des Problems sowieso in der Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft liegen. Ohne diese können die IHKs zeigen, ob ihr Angebot die Unternehmer von sich aus überzeugt.

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